Aus Kammern und Verbänden

Apothekerforum: Quo vadis Apotheke?

Unter dieser Fragestellung veranstaltete die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg in Stuttgart ein Apothekerforum. Vor rund 100 Teilnehmern wurde zum einen der Stellenwert der Selbstmedikation vorgestellt, zum anderen wurde diskutiert, welche Folgen die Neuerungen in dem Entwurf zur Apothekenbetriebsordnung haben könnten.
Foto: LAK/Moebius
Diskussionsbedarf Dr. Günther Hanke, Präsident der LAK Baden-Württemberg, und ABDA-Justiziar Lutz Tisch (rechts) sehen die Gefahr, dass jetzt, nachdem die Filialisierung als Ausnahme zugelassen wurde, der Filialverbund zum Maßstab wird.

Dr. Günther Hanke, Präsident der LAK Baden-Württemberg, stellte in seinem Vortrag die Ergebnisse einer von der Kammer in Auftrag gegebenen Studie zur apothekergestützten Selbstmedikation vor. An der Studie haben sich 564 baden-württembergische Apotheken beteiligt. Ausgewertet wurden insgesamt 46.000 Kundenkontakte. Hanke zeigte, dass die Apotheker dem GKV-System durch ihre Leistungen in der apothekergestützten Selbstmedikation 4,2 Milliarden Euro ersparen. Dagegen kosten sie das GKV-System nur 4,18 Milliarden Euro. Fasst man die Leistungen zusammen, die Apotheker bei der Prüfung und Beratung im Zusammenhang mit der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, der sicheren Lagerung von Arzneimitteln sowie der flächendeckenden Rund-um-die-Uhr-Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln erbringen, wird deutlich, so Hanke, dass die Apotheke bei Weitem nicht als Kostentreiber, sondern als treibende Kraft beim Einsparen bzw. Vermeiden von Kosten im Gesundheitswesen fungiert.

Viel diskutiert: die Apothekenbetriebsordnung

ABDA-Justiziar Lutz Tisch informierte zum aktuellen Stand der Diskussion um die Apothekenbetriebsordnung. Die Diskussion sei gar nicht so neu, seit 2006 wird darüber nachgedacht, die Apothekenbetriebsordnung zu überarbeiten. Denn die letzte Neufassung stammt aus dem Jahr 1995. Man befinde sich zwar immer noch vor dem eigentlichen Verfahren, doch seit im Juni 2010 eine unautorisierte Fassung an die Öffentlichkeit gelangte, wird viel spekuliert und diskutiert.

Die ABDA vertritt dabei die Auffassung, dass es bis zum Vorliegen eines autorisierten Referentenentwurfs nicht zuträglich sei, in großen, aufgeregten, öffentlichen Diskussionen auf den Verordnungsgeber einzuwirken. Man müsse sich einem geordneten Diskussionsprozess unterwerfen, betonte Tisch. Das habe die ABDA bis jetzt getan. So hat sie dem Ministerium eine ausführliche Stellungnahme zum Arbeitsentwurf zur Verfügung gestellt. Aber, so Tisch, man befinde sich immer noch vor dem Entwurf, "es wird immer noch gearbeitet". Bis eine neue Apothekenbetriebsordnung in Kraft tritt, wird noch viel Zeit vergehen. Ein weiter, formalisierter Weg über Ländergremien, Gesundheitsausschuss und Bundesrat steht noch bevor, der den Beteiligten viele Möglichkeiten bietet, die eigenen Positionen vorzutragen, schriftlich und in Anhörungen. Erkennbar im vorliegenden Papier sind drei Schwerpunkte: die Verbesserung der Arzneimittelsicherheit, eine Verbesserung der Versorgung von Patienten im Nahbereich der Apotheke und ein Bürokratieabbau. Das höre sich zwar sehr schön an, hat aber auch seine Tücken im Detail, wie Tisch ausführte. Aufgabenübertragung im Filialverbund, Betriebsstätten ohne Labor und Rezeptur, freie Wahl der dienstbereiten Betriebsstätte, Öffnung des Botendienstes oder die Aufhebung des Rezeptsammelstellenverbotes, neue Vorgaben für die Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln sind Punkte, an denen die ABDA Kritik übt. So kann man zwar aus betriebswirtschaftlicher Sicht eines Filialleiters die Freude über eine mögliche Aufgabenübertragung im Filialverbund oder die freie Wahl der dienstbereiten Betriebsstätte durchaus nachvollziehen. Aber es müsse auf jeden Fall weiter gedacht werden! Es stellt sich dann nämlich die Frage, ob so eine Öffnung auf Filialverbünde beschränkt werden kann? Oder müsste man dann auch zulassen, dass sich nicht in Filialverbünden befindliche Apotheken zusammenschließen? Ausnahmeregelungen unter den Betriebsstätten, die dazu führen, dass bestimmte Tätigkeiten nur noch zentral geleistet werden, bezeichnete Tisch als gefährliche Entwicklungen. Sie führen weg von der eigentlichen Aufgabe der Apotheker, nämlich die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln im Umfeld einer Apotheke zu gewährleisten. Um das Gesamtsystem erhalten zu können, müssen daher auch Kammern manchmal unbeliebte Entscheidungen treffen, indem sie z. B. keine Ausnahmen bei der Notdienstregelung erlauben.


ck



DAZ 2011, Nr. 29, S. 69

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