DAZ aktuell

Die Mehrkostenregelung – und die Folgen

BERLIN (diz). Die mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Mehrkostenregelung war gut gemeint – aber schlecht gemacht. Eine verbindliche Vorgehensweise, wie diese Regelung in der Apotheke umgesetzt und letztlich mit den Beteiligten abgerechnet werden soll, liegt bis heute nicht vor. Mehrere Interpretationen und Stellungnahmen dazu verunsicherten Fachkreise und Patienten. Glücklicherweise wird diese Regelung derzeit von den Patienten nur in seltenen Fällen in Anspruch genommen. Hier eine erste Übersicht, wie der Stand der Dinge ist.
Unklar Laut GKV-Spitzenverband sollen die Apotheker im Rahmen der Mehrkostenregelungden Herstellerrabatt abziehen. Wie sie das Geld anschließend von den Herstellern einfordern können, ist aber unklar. Foto: Heinzgerald – Fotolia.com

Da Patienten nicht immer mit dem Austausch ihres gewohnten Arzneimittels gegen ein von ihrer Krankenkasse vorgesehenes Rabattarzneimittel einverstanden waren, kam der Wunsch auf, einen Austausch gesetzlich zu ermöglichen – gegen Aufzahlung. Mit Inkrafttreten des AMNOG können Patienten nun in der Apotheke auf Wunsch ein anderes als das rabattierte Arzneimittel bekommen, wenn sie bereit sind, zunächst den vollen Preis zu bezahlen. Möglich wird dies durch die sogenannte Mehrkostenregelung, ein Passus im Gesetz, der die Änderung von § 129 (Anfügen weiterer Sätze an den § 129) vorsieht. Zum Verständnis hier die relevanten Passagen des § 129 mit den angefügten neuen Sätzen (im Kasten):


§ 129 Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung

(1) Die Apotheken sind bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte nach Maßgabe des Rahmenvertrages nach Absatz 2 verpflichtet zur


1. Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels in den Fällen, in denen der verordnende Arzt

a) ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet oder

b) die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat,


2. Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln, deren für den Versicherten maßgeblicher Arzneimittelabgabepreis mindestens 15 vom Hundert oder mindestens 15 Euro niedriger ist als der Preis des Bezugsarzneimittels; in dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 können Regelungen vereinbart werden, die zusätzliche Wirtschaftlichkeitsreserven erschließen,


3. Abgabe von wirtschaftlichen Einzelmengen und


4. Angabe des Apothekenabgabepreises auf der Arzneimittelpackung.

In den Fällen der Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel haben die Apotheken ein Arzneimittel abzugeben, das mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch sowie für den gleichen Indikationsbereich zugelassen ist und ferner die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt. Dabei ist die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorzunehmen, für das eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 mit Wirkung für die Krankenkasse besteht, soweit hierzu in Verträgen nach Absatz 5 nichts anderes vereinbart ist. Besteht keine entsprechende Vereinbarung nach § 130a Abs. 8, hat die Apotheke die Ersetzung durch ein preisgünstigeres Arzneimittel nach Maßgabe des Rahmenvertrages vorzunehmen.

Abweichend von den Sätzen 3 und 4 können Versicherte gegen Kostenerstattung ein anderes Arzneimittel erhalten, wenn die Voraussetzungen nach Satz 2 erfüllt sind. § 13 Absatz 2 Satz 2, 4 und 12 findet keine Anwendung. Bei der Abgabe von importierten Arzneimitteln und ihren Bezugsarzneimitteln gelten die Sätze 3 und 4 entsprechend; dabei hat die Abgabe eines Arzneimittels, für das eine Vereinbarung nach § 130a Absatz 8 besteht, Vorrang vor der Abgabe nach Satz 1 Nummer 2.

Noch offen: das Procedere der Kostenerstattung

Das Procedere, wie die Kostenerstattung zu erfolgen hat, regelt das AMNOG nicht. Die Einzelheiten müssen der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung vereinbaren. Ein erstes Treffen am 17. Januar brachte noch keine endgültige Verständigung. Derzeit liegen dazu widersprüchliche Aussagen zwischen GKV-Spitzenverband und DAV vor. Laut GKV-Spitzenverband habe man sich in diesem Gespräch darauf verständigen können, dass die Apotheke im Rahmen der Mehrkostenregelung den Herstellerabschlag und den Apothekenabschlag von 2,05 Euro vom Bruttopreis des Arzneimittels abziehen muss. Der Patient müsste demnach den vollen Preis abzüglich Herstellerrabatt und Apothekenabschlag bezahlen. Das Rezept erhält der Patient zur Abrechnung ausgehändigt bzw. bei mehreren Arzneimitteln auf dem Rezept eine Kopie, damit die Apotheke die verbleibenden Arzneimittel abrechnen kann. Wie die Apotheke ihrerseits den Herstellerrabatt von den Herstellern eintreiben soll, ist noch offen. Auch bleibt für den Patienten im Unklaren, welche Rückerstattung er von seiner Krankenkasse bekommt.

Der DAV dagegen konnte diese Verständigung zwischen ihm und dem GKV-Spitzenverband nicht bestätigen. Das nächste Treffen soll für Klarheit sorgen, es ist für Ende Januar vorgesehen, damit dann Anfang Februar ein Ergebnis vorliegt. Bis dahin ist die Lage nicht eindeutig.



DAZ 2011, Nr. 4, S. 20

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