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Chancen, Grenzen, Spielregeln
Kein Täter-Opfer-Muster
Mediation bietet die Chance, das Täter-Opfer-Muster der Konfliktwahrnehmung zu verlassen. Gerade auch bei Vorgesetzten kann traditionelles, machtorientiertes Verhalten durch problemlösende, kreative Verfahren ersetzt werden, welche die Beteiligten selbst finden und vertreten müssen.
In der Mediation besteht die Möglichkeit, Kommunikationsstörungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern oder zwischen den Mitarbeitern zu bearbeiten und meist unausgesprochene emotionale Hintergründe zu klären, wodurch mehr Verständnis für den anderen entstehen kann. Insgesamt stößt es auf höhere Akzeptanz der Konfliktbeteiligten, wenn Lösungen mithilfe des Mediators erarbeitet werden.
Vertraulichkeit und Offenheit
Bei der Entscheidung für eine Mediation sollte auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite sichergestellt werden, dass kein Missbrauch mit Informationen stattfindet und die erforderliche Offenheit im Mediationsverfahren zugesichert werden kann. Außerdem muss geklärt werden, wer die Kosten übernimmt; in der Regel ist dies der Arbeitgeber.
Chefs können durch eine Mediation gleichzeitig soziale Kompetenzen der Belegschaft fördern. Mitarbeiter und Vorgesetzte können – ohne gleich eine Ausbildung zum Mediator zu machen – Fortbildungen belegen, wo sie in Grundzügen das Handwerkszeug eines Mediators erlernen können.
Grenzen der Mediation
Die Praxis zeigt, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei anhaltenden innerbetrieblichen Konflikten trotz vielfältiger Konfliktlösungsmöglichkeiten häufig zur Möglichkeit der (inneren) Kündigung greifen oder sich in die Krankheit verabschieden. In diesen Fällen kommt oft für die Beteiligten keine Mediation mehr infrage. Der Mitarbeiter will weg, der Chef will den Arbeitnehmer nicht mehr sehen. Und da Arbeitnehmer bei einer Eigenkündigung mit einer Sperrzeit durch die Bundesagentur rechnen müssen, gehen sie erst einmal in die Krankheit oder die Arbeitsverweigerung, was bedeutet, dass sie nur das Nötigste arbeiten, ohne Motivation und Perspektive.
Es gibt durchaus Situationen, wo das Arbeitsrecht und der Klageweg erfolgreicher zum Ziel führen können als die Mediation, zum Beispiel beim Ignorieren von tariflichen und vertraglichen Verpflichtungen trotz mehrfacher Aufforderung und Fristsetzung, sowie kompromissloser Kündigung durch den Arbeitgeber, vorausgesetzt, der Arbeitnehmer hat einen gesetzlichen Kündigungsschutz.
Besonders Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz behalten möchten, sollten aber bei zwischenmenschlichen Konflikten andere Alternativen erwägen und versuchen, ihrem Vorgesetzten die Vorteile der Mediation näherzubringen, wenn die Gefahr einer arbeitgeberseitigen Kündigung besteht. Denn die wenigsten, die gegen eine Kündigung klagen, kehren auf ihren alten Arbeitsplatz zurück. Selbst wenn sie gut vertreten sind, können sie oft allenfalls eine Abfindung dabei herausholen.
Ablauf einer Mediation1. Der Mediator stellt die Rahmenbedingungen dar: Wie ist der Ablauf der Mediation? Welche Rolle hat der Mediator? Was ist vorgesehen für den Fall, dass die Mitarbeiter allein keine gemeinsame Lösung finden? 2. Die Mitarbeiter schildern ihre Arbeitssituation und wie sie sich dabei fühlen, auch häusliche Belastungen, Schwierigkeiten mit Technologien … Die Beteiligten schildern ihre subjektive Wahrnehmung/Einschätzung der Probleme. Interessen werden formuliert. 3. Analyse des Ist-Zustandes der Arbeitssituation: Verknüpfung von Fakten, subjektivem Empfinden und Interessen sowie der auf die anderen gerichteten Wahrnehmungen. 4. Sammeln von Lösungsmöglichkeiten. Eventuell kann der Mediator eigene Lösungen mit einbringen. 5. Bestimmte Lösungen und Vereinbarungen werden für die Zukunft festgelegt (z. B. die künftige Aufgabenverteilung). |
RA Anja Borstelmann, Mediatorin, Fachanwältin für Arbeitsrecht,
www.anja-borstelmann.de
DAZ 2011, Nr. 8, S. 90
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