Arzneimittel und Therapie

Kombination senkt Blutdruck stärker als Monotherapien

Bei vielen Hypertonikern reicht eine Monotherapie nicht aus, um den Zielblutdruckwert zu erreichen. In einer im Lancet veröffentlichten Studie testete man eine – in Deutschland noch nicht zugelassene – Kombination aus dem Renininhibitor Aliskiren und Amlodipin zunächst gegen die jeweiligen Monotherapien; nach 16 Wochen wurde die Kombibehandlung dann allen Studienteilnehmern zuteil. Besonders stark profitierten diejenigen Patienten, die von Anfang an mit der Kombination behandelt worden waren.
Effektive Blutdrucksenkung In der ACCELERATE-Studie senkte dieKombination aus dem Renininhibitor Aliskiren und dem CalciumkanalblockerAmlodipin den Blutdruck stärker als die Monotherapien, insbesondere, wenn sie bereits von Anfang an eingesetzt wurde. Aliskiren und Amlodipin ergänzen sich in ihrem pharmakokinetischen Profil und gewährleisten eine effektive Blutdrucksenkung sowie eine lang anhaltende Wirksamkeit. Foto: Gina Sanders - Fotolia.com

Der seit 2007 zugelassene Renininhibitor Aliskiren (Rasilez®) verkörpert ein neues Wirkprinzip in der Hypertonietherapie: er senkt den Blutdruck, indem er an das aktive Zentrum des Enzyms Renin bindet und damit die Umwandlung von Angiotensinogen zu Angiotensin I, dem Vorläufer des stark vasokonstriktorisch wirkenden Angiotensin II, hemmt. Zurzeit ist Aliskiren als Monotherapie und in Kombination mit Hydrochlorothiazid (Rasilez® HCT) zur Behandlung der essenziellen Hypertonie zugelassen. Britische Wissenschaftler testeten nun erstmalig in einer groß angelegten und bisher längsten Studie zu dieser Thematik (ACCELERATE: Aliskiren and the Calcium Channel Blocker Amlodipine Combination as an Initial Treatment Strategy for Hypertension) die Wirksamkeit und Verträglichkeit einer initialen Kombinationsbehandlung mit Aliskiren und dem Calciumkanalblocker Amlodipin. In der doppelblinden, randomisierten Parallelgruppenstudie wurden zwei Hypothesen untersucht. Zum einen wollte man herausfinden, ob eine Behandlung mit einer Aliskiren-Amlodipin-Kombination über 8, 16 und 24 Wochen bezüglich der Verminderung des systolischen Blutdrucks den jeweiligen Monotherapien überlegen ist. Anschließend sollte in Woche 24, nachdem alle Patienten über acht Wochen mit der Kombination behandelt worden waren, untersucht werden, ob diejenigen besonders profitierten, die sie bereits von Anfang an erhalten hatten.

Studiendesign

Die insgesamt 1254 Patienten, darunter 521 neu diagnostizierte Hypertoniker, waren mindestens 18 Jahre alt und wiesen systolische Blutdruckwerte zwischen 150 und 180 mmHg und diastolische Werte unter 110 mmHg auf. Sie wurden auf eine Behandlung mit 150 mg Aliskiren plus Placebo (n = 318) 5 mg Amlodipin plus Placebo (n = 316) bzw. eine Aliskiren-Amlodipin-Kombination (150 mg/5 mg, n = 620) randomisiert. Nach acht Wochen verdoppelte man die jeweiligen Wirkstoff-Dosen. Nach 16 Wochen wechselten die Monotherapie-Patienten auf eine Aliskiren-Amlodipin-Kombination mit täglich 300 mg/10 mg, die anderen Studienteilnehmer setzten ihre Kombitherapie mit diesen Dosierungen fort. Zwischen Woche 24 und 32 erhielten diejenigen Patienten, deren Blutdruck noch über 140/90 mmHg lag, zusätzlich 12,5 mg Hydrochlorothiazid, alle anderen Placebo (Add-on-Phase).

Kombination bewirkt stärkere Blutdrucksenkung

Patienten, die initial mit der Kombination behandelt worden waren, hatten über den Behandlungszeitraum eine um 6,5 mmHg höhere Reduktion des mittleren systolischen Blutdrucks im Vergleich zum Ausgangswert (95% Konfidenzintervall, KI, 5,3 bis 7,7, p < 0,0001). Nach 24 Wochen, als sich alle Patienten in der Kombinationstherapie befanden, betrug diese Differenz noch immer -1,4 mmHg (95% KI -0,05 bis 2,9, p = 0,059). Auch beim diastolischen Blutdruck führte die initiale Kombination in Woche 24 zu einer Überlegenheit (Differenz -0,90 mmHg, 95% KI -1,8 bis -0,2, p = 0,044).


EMA empfiehlt die Fixkombination


Das europäische Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) hat den Antrag von Novartis auf Zulassung einer Fixkombination aus dem direkten Renininhibitor Aliskiren und dem Calciumantagonisten Amlodipin (vorgesehener Handelsname RasilAmlo ® ) positiv bewertet.

Die Kombinationstablette in den Dosierungen 150 mg/10 mg, 150 mg/5 mg, 300 mg/10 mg bzw. 300 mg Aliskiren/5 mg Amlodipin ist angezeigt zur Behandlung der essenziellen Hypertonie bei erwachsenen Patienten, deren Blutdruck mit Aliskiren oder Amlodipin allein nicht ausreichend kontrolliert werden kann. Novartis rechnet innerhalb der nächsten drei Monate mit der Zulassung der Fixkombination. Nach Rasilez HCT® (Aliskiren + Hydrochlorothiazid) wird es die zweite fixe Kombination mit Aliskiren sein.

Keine zusätzlichen Nebenwirkungen

Die Kombination Aliskiren plus Amlodipin war gut verträglich; eine Zunahme unerwünschter Wirkungen wurde nicht beobachtet. Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen zählten periphere Ödeme, Hypotension oder orthostatische Hypotension. Der Anteil der Patienten, der wegen unerwünschter Wirkungen die Therapie abbrach, war in allen drei Gruppen annähernd gleich hoch (14% unter initial Aliskiren, 18% unter initial Amlodipin, 14% unter der initialen Kombination). Besonders auffällig war für die Studienautoren, dass schwere Knöchelödeme, die häufig zum Behandlungsabbruch führen, in der Amlodipin-Gruppe fast zweimal so häufig auftraten wie in der Aliskiren- bzw. Kombigruppe.

Kombination empfehlenswert

Die Autoren schlussfolgerten aus den Studienergebnissen, dass bei Patienten mit einem systolischen Blutdruck über 150 mmHg eine Kombination aus Aliskiren und Amlodipin bereits initial empfohlen werden kann.

Kommentatoren der Studie verweisen darauf, dass eine stärkere initiale Blutdruckkontrolle auch zur Reduktion des Risikos kardiovaskulärer Ereignisse beitragen kann. Obwohl die ACCELERATE-Studie nicht dazu angelegt war, das kardiovaskuläre Outcome der Patienten zu prüfen, so sind doch Blutdrucksenkungen durch medikamentöse Therapien als Surrogatparameter dafür anerkannt.

Ihrer Ansicht nach unterstreicht die Studie die Rationale, mit einer Kombination anstelle einer sequenziellen Monotherapie zu starten, wenn durch Lebensstilveränderungen der Blutdruck nicht unter 150/90 mmHg gesenkt werden kann.

Nach einer Leitlinie der Deutschen Hochdruckliga sollte eine primäre Kombinationstherapie bei Patienten mit Hypertonie Grad 2 oder 3 (das heißt ab 160/100 mmHg) oder mit einem hohen bzw. sehr hohen kardiovaskulären Risiko erwogen werden.


Zum Weiterlesen


Pharmako-logisch!

Hypertonie – Die schleichende Gefahr aus den Gefäßen

DAZ 2009, Nr. 13, S. 54 – 84.


Quelle

Brown, M.J; et al.: Aliskiren and the calcium channel blocker amlodipine combination as an initial treatment strategy for hypertension control (ACCELERATE): a randomized, parallel group trial. www.thelancet.com, published online January 13, 2011 DOI:10.1016/S0140-6736(10)62003-X

Lazich, I., Bakris, G; Initial combination antihypertensives: let’s ACCELERATE. www.thelancet.com, published online January 13, 2011 DOI:10.1016/S0140-6736(10)62270-2

Leitlinie zur Behandlung der arteriellen Hypertonie, AWMF-Register 046/001, hrsg von der Deutschen Hochdruckliga (DHL), Stand 1. Juni 2008.


Apothekerin Dr. Claudia Bruhn



DAZ 2011, Nr. 8, S. 26

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