Arzneimittel und Therapie

Wirksamkeit der Hepatitis-A-Impfungen überzeugt

Cochrane-Review belegt Schutzwirkung

Zur Prävention der Hepatitis A stehen zwei Impfstofftypen zur Verfügung: die inaktivierte Form sowie abgeschwächte Lebendviren. Im Rahmen einer Cochrane-Metaanalyse wurde die Wirksamkeit der Impfstoffe bei Personen ohne vorherige Hepatitis-A-Exposition untersucht. Das Ergebnis macht deutlich, dass zuvor nicht exponierte Personen sowohl durch die Impfung mit inaktiviertem Virus über zwei Jahre als auch durch die Impfung mit abgeschwächten Lebendviren für mindestens fünf Jahre wirksam vor einer klinisch manifesten Hepatitis A geschützt werden.
Hepatitis-A-Viren sind einzelsträngige RNAViren,die eine ausgeprägte Umweltstabilität, hohe Thermostabilität und hohe Desinfektionsmittel-resistenz aufweisen. Der Mensch ist der Hauptwirt und sein epidemiologisch einzig relevantes Reservoir. Die Impfung gegen Hepatitis A für Erwachsene gehört zu den Impfungen, die von der Ständigen Impfkommission nicht generell sondern nur für gefährdete Personen empfohlen werden. Foto: SPL/Agentur Focus

Die derzeit weltweit vier erhältlichen inaktivierten Impfstoffe – Havrix®, Vaqta®, Avaxim®, Epaxal® – enthalten Antigenpräparationen, die jedoch weder hinsichtlich der ausgewählten Antigene noch in der Dosierung (IU) standardisiert sind. Dennoch sind die vier Impfstoffe nach heutigem Wissensstand gegen die verschiedenen Genotypen des Hepatitis-A-Virus gleichermaßen wirksam. Durch eine Impfung mit den abgeschwächten Lebendviren, wird eine körpereigene Immunreaktion ausgelöst, ohne jedoch das klinische Vollbild einer Hepatitis-A-Infektion zu entwickeln. Auch bei diesen Impfstoffen lassen sich zwei Subgruppen unterscheiden.

Insgesamt wurden elf Studien für die Metaanalyse betrachtet. Eingeschlossen wurden dabei randomisierte Studien, eine Verblindung war kein notwendiges Kriterium. Fand lediglich eine Quasi-Randomisierung statt, wurden die erhobenen Daten lediglich zur Beurteilung der unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW), nach leichten und schweren Symptomen differenziert als sekundäre Endpunkte für die Metaanalyse herangezogen. Auch das Design der Interventionen bei den jeweiligen Studien war unterschiedlich. Diese Besonderheiten wurden bei der Auswertung durch die Cochrane-Experten berücksichtigt. Als primäre Endpunkte der Metaanalyse wurden Tod jeder Ursache, Tod durch Hepatitis A und Auftreten einer klinisch manifesten Hepatitis A festgelegt. Die sekundären Endpunkte waren, neben UAW, die Beseitigung fehlender Seroprotektion bei der Anwendung inaktivierter Hepatitis-A-Impfstoffe.


Hepatitis-A-Infektion


Das Hepatitis-A-Virus wird nach Eindringen in den Organismus aus der Galle sezerniert und erscheint im Stuhl der infizierten Personen bereits 14 Tage bevor sich das klinische Bild der Gelbsucht einstellt. Ab diesem Zeitpunkt nimmt die Zahl der über den Stuhl ausgeschiedenen Viren dann wieder ab. Die Inkubationszeit beträgt im Mittel 28 Tage. Der Verlauf der Erkrankung ist interindividuell sehr unterschiedlich. Weniger als ein Prozent aller Erkrankungen verlaufen fulminant. Das Risiko eines schwerwiegenden Infektionsverlaufes steigt mit zunehmendem Alter und bei bereits bestehenden chronischen Lebererkrankungen.


Für die Analyse der Wirksamkeit fanden neun Studien Berücksichtigung, die insgesamt 732.380 Probanden umfassten. In vier der Studien wurde die Wirksamkeit von inaktiviertem Impfstoff – insgesamt 41.690 Probanden – und in fünf die Wirksamkeit des Impfstoffs mit den abgeschwächten Lebendviren – hier waren 690.690 Probanden eingeschlossen – untersucht. Drei der Studien zu den attenuierten Impfstoffen zeigten einen Bias, die sich durch systematische Fehler ergeben und weder zu einer Überbewertung der Wirksamkeit oder aber zu einer Unterbewertung der mit der Impfung in Bezug stehenden Risiken führt, so die Cochrane-Autoren. Bei der Feststellung des Impferfolges anhand serologischer Daten und der validen Diagnose einer klinischen Hepatitis A sind Zeitfaktoren und Diagnosetechniken entscheidend. Ebenfalls nicht eindeutig festgelegt ist, ab welchem Wert von einem serologisch eindeutigen Schutz vor eine Infektion ausgegangen werden kann. Nach WHO sollte der Anti-Hepatitis-Immunglobulin-G-Level (Anti-HAV IgG) zwischen 10 und 20 mIU/ml liegen, keinesfalls jedoch unter 10 mIU/ml. Die Cochrane-Gruppe bemängelt unter anderem, dass bislang aufgrund fehlender Standards kein valider Vergleich zwischen den Impfstoffen möglich sei. Insgesamt zeigen die Studien jedoch nach diesen Kriterien einen signifikant protektiven Effekt vor einer Hepatitis-A-Infektion in allen Bevölkerungsgruppen unabhängig von Alter, Geschlecht oder ethnischer Zugehörigkeit. Bei 0,01% der geimpften Studienteilnehmer kam es zu einer klinisch manifesten Infektion im Vergleich zu 0,18% der Personen ohne Impfschutz. Das relative Risiko lag demnach bei 0,09.

Zwei der in der Metaanalyse berücksichtigten Studien beschäftigten sich ausschließlich mit der Sicherheit der Impfstoffe. Hinsichtlich des Auftretens von unerwünschten Wirkungen im Zusammenhang mit der Impfung erscheint die Impfung mit inaktivierten Viren als unauffällig – die beschriebenen Symptome entsprachen den Symptomen der Placebogruppe. Eine Beurteilung zu den UAW beim Einsatz von attenuiertem Lebendimpfstoff ist wegen der unzureichenden Datenlage nicht möglich. In diesem Zusammenhang fordert die Cochrane-Gruppe zukünftig in Studien zu UAW der Hepatitis-Impfstoffe die Definitionen der Good Clinical Practice (GCP) der International Conference of Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceutical for Human USE (ICH) zu berücksichtigen. Auch die Veröffentlichung der Studienergebnisse sollte den heutigen Anforderungen gemäß nach den CONSORT-Richtlinien erfolgen. CONSORT engagiert sich seit 1993 für eine qualitätsorientierte und transparente Darstellung von Studienergebnissen.

Wer sollte sich wann impfen lassen?

Jährlich sind rund 1,5 Millionen Menschen von einer Neuinfektion mit Hepatitis A betroffen. Sexualkontakte, verschmutztes Trinkwasser und fäkal-orale Übertragung sind die typischen Infektionswege. Besonders in Ländern mit unzureichenden sanitären Bedingungen ist das Risiko, an einer Hepatitis A zu erkranken, deutlich erhöht. Menschen, die unter solchen Bedingungen aufwachsen, durchlaufen während der Kindheit häufig subklinisch eine Infektion und sind auf diese Weise dann lebenslang geschützt. In den jeweiligen Bevölkerungsgruppen kann bei serologischen Tests bis zu 100% das Vorhandensein von Hepatitis-A-Antikörpern nachgewiesen werden. In Ländern ohne hohe Infektionsraten – wie Deutschland – wird deshalb für Fernreisende eine Hepatitis-A-Impfung dringend angeraten! Ebenso sollten Menschen, die im Kontakt mit Hepatitis-A-Infizierten stehen oder möglicherweise mit infiziertem Stuhl in Kontakt kommen könnten – hier insbesondere auch Auszubildende und Studenten – , geimpft werden.

Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) empfiehlt darüber hinaus eine Immunisierung gegen Hepatitis A bei besonders exponierten Gruppen:

  • Personen mit Sexualverhalten mit hoher Infektionsgefährdung
  • Personen mit häufiger Übertragung von Blutbestandteilen, z. B. Hämophilie, oder mit Krankheiten der Leber/mit Leberbeteiligung

  • Bewohner in psychiatrischen Einrichtungen oder vergleichbaren Fürsorgeeinrichtungen für Menschen mit Verhaltensstörungen oder Zerebralschädigung

  • Gesundheitsdienst (inklusive Küche, Labor, Reinigungs- bzw. Rettungsdienst, psychiatrische und Fürsorgeeinrichtungen, Behindertenwerkstätten, Asylbewerberheime)

  • Kanalisations- und Klärwerksarbeiter
  • Tätigkeit (inklusive Küche und Reinigung) in Kindertagesstätten, Kinderheimen und anderen.


Quelle

Irving GJ, Holden J, Yang R, Pope D. Hepatitis A immunisation in persons not previously exposed to hepatitis A. The Cochrane Library 2012; CD009051. pub2

Bulletin des Robert Koch-Instituts (RKI) Nr. 30 vom 30. Juli 2012.


Apothekerin Dr. Constanze Schäfer, MHA



DAZ 2012, Nr. 33, S. 40

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