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Bitte Code eingeben

Dr. Benjamin Wessinger, Chefredakteur der DAZ

So langsam wird es ernst mit dem ABDA/KBV-Modell, zumindest in den beiden Testregionen Sachsen und Thüringen. In der letzten Woche wurden erste Details bekanntgegeben, unter anderem zur konkreten Abwicklung der Wirkstoffverordnung (siehe Artikel "Code statt Name" in der Rubrik DAZaktuell in dieser Ausgabe).

Sie ist eine der tragenden Säulen des Konzepts und soll der Therapietreue dienen. Heute bekommen die Patienten in der Apotheke oft ein Arzneimittel ausgehändigt, das einen anderen Namen trägt als den, der auf dem Rezept steht. Das kann zu Verunsicherungen beim Patienten führen, und diese wiederum zu sinkender Compliance. Durch die Verordnung des Wirkstoffs – verbunden mit der gut lesbaren Nennung des Wirkstoffs auf den Packungen – soll dem abgeholfen werden.

Viele Ärzte sehen die Wirkstoffverordnung jedoch kritisch. Bei gängigen Monopräparaten möge sie ja noch funktionieren, aber spätestens bei Dreier-Kombis stoße der gemeine Hausarzt an seine Grenzen – meint der Chef des Hausärzteverbandes (und erklärte Gegner des ABDA/KBV-Modells) Ulrich Weigeldt. Und scheute sich auch nicht, das öffentlich bei einer Podiumsdiskussion auf der Interpharm 2012 vor vollem Saale kundzutun.

Für dieses Problem hat man nun eine elegante Lösung gefunden: Der Arzt kann weiterhin wie gewohnt den Präparatenamen aus seiner Praxissoftware aussuchen. Diese wandelt den Markennamen in einen Code um, den die Apothekensoftware dann direkt in das Rabattarzneimittel übersetzt. Damit der Patient weiß, was er verschrieben bekommt, werden Wirkstoff und –stärke auf dem Rezept ausgeschrieben.

Eine weitere Angst der Ärzte ist, dass sie ihre Verordnungshoheit abgäben – schließlich wähle zukünftig nicht mehr der behandelnde Arzt, sondern der Apotheker das konkrete Arzneimittel aus.

Doch leider wird hier alles beim Alten bleiben: Weder der Arzt noch der Apotheker wählen das Arzneimittel aus – das tut die Krankenkasse durch die Rabattverträge. Und die werden durch das ABDA/KBV-Modell auch nicht ersetzt. Im Gegenteil: Man verspreche sich in den Testregionen eine Erhöhung der Rabattquote, lässt die AOKplus verlauten.

Hier liegt ein echter Haken: Auch weiterhin spielen medizinische und pharmazeutische Kriterien bei der Auswahl des Arzneimittels (nicht des Wirkstoffs!) nur eine untergeordnete Rolle. Die Apotheker bleiben Erfüllungsgehilfen der auf Einsparungen bedachten Kassen.

Trotzdem überwiegen die Vorteile: Eine institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker wird etabliert, das Medikationsmanagement wird in den Apotheken verankert. Und die Apotheker beweisen, dass sie neue Versorgungsmodelle (mit-)entwickeln können und sich nicht – wie viele Kritiker in der Politik und bei den Kassen unken – nur um ihre Vergütung sorgen.

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