Wirtschaft

Fusionskarussell dreht sich

Bayer kauft OTC-Geschäft vom US-Konzern Merck & Co. – Pfizer will AstraZeneca schlucken

BERLIN (jz/lk) | In der Pharmabranche dreht sich das Fusionskarussell immer schneller: Der Pharma- und Chemiekonzern Bayer will das Geschäft mit rezeptfreien Arzneimitteln des US-Konzerns Merck & Co (MSD) für 14,2 Milliarden US-Dollar (10,4 Mrd. Euro) übernehmen. Der US-Pharma-Gigant Pfizer dagegen kommt mit seinen Übernahmeplänen nicht voran: Das Objekt der Begierde, der britische Konkurrent AstraZeneca, lehnt auch die erhöhte Offerte ab.

Mit der Übernahme der OTC-Sparte von Merck & Co. (die in Deutschland unter dem Namen MSD firmieren) steigen die Leverkusener zur Nummer zwei im Markt mit nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auf. Zudem geht Bayer eine strategische Kooperation auf dem Gebiet der Modulation von löslicher Guanylat-Zyklase (sGC) mit dem US-Konzern ein. Mit einem Abschluss rechnet Bayer im zweiten Halbjahr 2014, wenn die Kartellbehörden den Kauf freigeben.

„Diese Akquisition ist ein bedeutender Meilenstein auf unserem Weg zur angestrebten globalen Marktführerschaft im attraktiven Geschäft mit rezeptfreien Arzneimitteln“, erklärte Bayer-Chef Marijn Dekkers. Darüber hinaus stärke die Kooperation die Entwicklungsmöglichkeiten bei Herz-Kreislauf-Therapien. Für diese wird Bayer von Merck & Co. eine Vorauszahlung von einer Milliarde US-Dollar sowie erhebliche umsatzabhängige Meilensteinzahlungen erhalten (1,1 Mrd. Dollar), insgesamt bis zu 2,1 Milliarden Dollar.

Durch die Akquisition wird Bayer nach eigenen Angaben zum weltweit zweitgrößten Anbieter im OTC-Geschäft. Mit der Transaktion „erlangen wir weltweite Top-Positionen in wichtigen OTC-Produktkategorien“, sagte Olivier Brandicourt, Vorstandsvorsitzender von Bayer HealthCare. In zwei der fünf wichtigsten OTC-Segmente erlange Bayer mit dem Geschäft die globale Spitzenposition: Dermatologie und Magen-Darm-Erkrankungen. In der Kategorie Erkrankungen der oberen Atemwege steige das Unternehmen weltweit zur Nummer zwei auf, bei den Nahrungsergänzungsmitteln werde Bayer weiterhin den zweiten Rang belegen und in der Schmerztherapie den dritten.

Bereits seit Tagen war über eine entsprechende Transaktion spekuliert worden. Rezeptfreie Arzneimittel gelten in der Gesundheitsbranche als wichtiger Stabilisator mit geringeren Risiken im Vergleich zum klassischen Pharmageschäft. Für Bayer ist es der größte Zukauf seit der Übernahme von Schering 2006 für 17 Milliarden Euro. Er soll bereits im ersten Jahr nach Vollzug einen positiven Beitrag zum bereinigten Konzernergebnis leisten. Bayer rechnet zudem mit signifikanten Steuereinsparungen. Auch in Marketing und Herstellung dürften die Kosten ab 2017 um rund 200 Millionen Dollar pro Jahr sinken.

Pfizer erneut abgeblitzt

Noch nicht am Ziel ist der US-Pharmariese Pfizer mit seinen Übernahmeplänen. Pfizer will für 106 Milliarden Dollar den britischen Konkurrenten AstraZeneca schlucken. Die zum zweiten Mal erhöhte Offerte lehnten die Manager von AstraZeneca nach nur kurzer Bedenkzeit erneut ab. Pfizer steht wegen Patentabläufen wichtiger Blockbuster unter Druck: Lipitor®/Sortis® (Atorvastatin) lieferte Pfizer einst einen Jahresumsatz von fast 13 Milliarden Dollar, im ersten Quartal waren es noch 457 Millionen. Viagra® büßte fast ein Fünftel des Umsatzes ein.

Pfizer zieht im Ringen um einen Zusammenschluss mit dem britischen Rivalen AstraZeneca auch eine feindliche Übernahme in Erwägung. „Jede denkbare Möglichkeit wäre eine Option“, sagte der Finanzchef des US-Konzerns, Frank D‘Amelio. 

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