Management

„Ich mach mich selbstständig!“

Existenzgründer-Workshop von Apothekerkammer und Apothekerverband Nordrhein

DÜSSELDORF (diz) | „Wären sie daran interessiert, sich beruflich selbstständig zu machen?“ Auf diese Frage des Instituts für Demoskopie Allensbach antworteten nur sechs Prozent der Bevölkerung mit ja, 23 Prozent mit vielleicht und 66 Prozent mit nein. Auch unter Apothekerinnen und Apothekern dürfte es nur relativ wenige geben, die das Wagnis der Selbstständigkeit eingehen wollen. Aber, so das Ergebnis einer Online-Umfrage im Auftrag der Deutschen Apotheker- und Ärztebank: 90 Prozent der selbstständigen Apotheker, Ärzte, Zahn- und Tierärzte würden sich wieder für die Selbstständigkeit entscheiden. Für alle, die sich mit dem Gedanken befassen, eine eigene Apotheke zu leiten, veranstalteten Apothekerkammer und Apothekerverband Nordrhein einen Existenzgründer-Workshop mit vielen Infos der Treuhand Hannover, der Apobank und der Rezeptabrechnungsstelle ARZ.
Fotos: amfotos, Alois Müller
Die Podiumsdiskussion machte den Gründungswilligen Mut, ihre Existenzgründung in Angriff zu nehmen.

Ein erster Schritt: Man sollte sich fragen, ob die Selbstständigkeit wirklich der richtige Weg für einen ist, ob man kaufmännisches Know-how mitbringt, ob die Familie hinter einem steht. Denn gerade in der Startphase kommen Belastungen auf den Existenzgründer zu. Wichtig ist, sich von kompetenten Fachleuten beraten zu lassen. Sie helfen beispielsweise, einen Finanzplan aufzustellen, den Kapitalbedarf zu berechnen und die Förderprogramme von Kreditinstituten oder des Bundes zu prüfen. Anhand dieses Plans lässt sich der eigene Verdienst in der Startphase kalkulieren, die notwendige Absicherung, die Versicherungen, die Steuern. Auch die Anforderungen von Behörden, Kammern und Berufsverbänden sollten im Vorfeld bedacht werden. Ist der Start geschafft, kommen neue Aufgaben auf den Pharmazeuten als Apothekenleiter, als Arbeitgeber, als Vertragspartner der Krankenkassen zu. Auch hier die Empfehlung: Man sollte sich nicht scheuen, Beratung in Anspruch zu nehmen von einem Steuerberater, einer Bank und einem Rezeptabrechner.

Profis helfen Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein: Existenzgründer sollten sich nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Das geeignete Objekt

Neugründung? Apothekenübernahme? Das passende Objekt zu finden, die richtige Entscheidung zu treffen, ist nicht leicht, zumal derzeit die Nachfrage höher ist als das Angebot. Gründungswillige sollten sich davon nicht abschrecken lassen. Eine Quelle sind Kleinanzeigen in Fachzeitschriften. Angebote vermitteln aber auch auf Apotheken spezialisierte Steuerberater, mitunter auch Großhandlungen. Hat man eine zum Verkauf stehende Apotheke gefunden, deren Lage und Größe den gewünschten Vorstellungen entspricht, empfiehlt es sich, zusammen mit einem Steuerberater die Situation der Apotheke zu dokumentieren:

  • Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten drei Wirtschaftsjahre,
  • aktueller interner Betriebsvergleich oder betriebswirtschaftliche Auswertungen,
  • Rezeptabrechnungen,
  • Mietvertrag, insbesondere Dauer des Vertrags, Miethöhe, Anpassungsklauseln, Untervermietungsklausel, Weitergabeklausel bei Verkauf, Todesfallklausel.

Dann sollte der Standort geprüft werden: Passt die Lage der Apotheke, auch in Zukunft? Wie viele Ärzte, Mitbewerber liegen im Einzugsgebiet? Welche Frequenzbringer gibt es? Sind ausreichend Parkplätze vorhanden und ist die Apotheke mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar? Und vor allem: Ist eine Veränderung der gegenwärtigen Situation zu erwarten?

Das gefundene Objekt sollte zusammen mit Fachleuten geprüft werden, rät Silke Wolff von der Treuhand Hannover GmbH.

Es folgt eine Analyse des Umsatzes: Wie stellt sich die Umsatzstruktur dar (GKV-, OTC-Umsatz, Randsortiment)? Gibt es Sonderumsätze durch Belieferung von Altenheimen, Rezeptsammelstellen, Krankenhausversorgung, Zytostatikaherstellung und Sprechstundenversorgung?

Einen zentralen Punkt bei der Objektprüfung stellt die Kostenstruktur der Apotheke dar. Hier gilt es vor allem zu berücksichtigen:

  • Rohgewinn,
  • Personalkosten,
  • Abschreibungen,
  • Miete,
  • Raumnebenkosten,
  • Beiträge, Versicherungen,
  • Kfz-Kosten,
  • Werbe- und Reisekosten,
  • EDV-Kosten,
  • Sonstige Kosten,
  • Fremdkapitalzinsen,
  • Gewerbesteuer.

Nicht alle Kosten sind unmittelbar oder sofort veränderbar. So lässt sich beispielsweise der Wareneinsatz nur in Grenzen beeinflussen, Miete und Nebenkosten können in der Regel zunächst nicht verändert werden ebenso wie die Personalkosten.

Spezialisierte Steuerberater können Existenzgründer bei der detaillierten Analyse des angebotenen Objekts unterstützen, eine Rentabilitäts- und Verfügungsbetragsrechnung erstellen, die Finanzierungsgespräche bei der Bank vorbereiten und begleiten ebenso wie die Kaufpreisverhandlungen.

Die finanziellen Mittel

Gut, wenn Eigenkapital vorhanden ist, aber das sollte man vielleicht lieber in die eigene Immobilie stecken, so ein Rat von Bankern. Ausgangspunkt für eine Apothekengründung – Neugründung oder Kauf einer bestehenden Apotheke – sollte zunächst ein detaillierter Investitionsplan sein, der wiederum Grundlage für einen soliden Finanzierungsplan ist. Und hier muss Eigenkapital nicht unbedingt vorkommen. Der wichtigste Grundsatz: Alle Investitionen müssen auf ihre Rentabilität hin geprüft werden. Denn eine falsche Investitionsentscheidung kann durch keine noch so gute Finanzierung zu einer richtigen werden.

Es geht auch ohne Eigenkapital, so Norbert Steffens, Apotheker- und Ärztebank Düsseldorf. Wichtig sind ein solider Investitions- und Finanzierungsplan.

Als ein wirtschaftliches Ziel der Apothekentätigkeit sieht die Bank die Sicherstellung der Liquidität. In der Betriebswirtschaftslehre versteht man darunter die Fähigkeit, fälligen Zahlungsverpflichtungen jederzeit, also fristgerecht und uneingeschränkt nachkommen zu können. Bei einer Apotheke gehören zu den liquiditätsbeeinflussenden Faktoren beispielsweise die Höhe der Einnahmen und Ausgaben, der Zeitpunkt des Eingangs bzw. Abflusses. Von Bedeutung für die Liquidität ist ferner, ob die GKV-Abrechnung über das Rechenzentrum monatlich oder vierzehntätig erfolgt, wann die Großhandelsrechnungen fällig sind, wann die Miete und Versicherungen (quartalsweise oder jährlich). Mangelt es an Liquidität, beispielsweise aufgrund einer zu geringen Eigenkapitaldecke oder wegen einer Überschuldung, droht die Insolvenz.

Gerade in der Anlaufphase einer Apotheke, zur Vorfinanzierung von Kosten, kann hier ein Betriebsmittelkredit (Kontokorrentkredit) die Liquidität sichern. Vorteil dieses Kredits: Trotz höherer Sollzinsen ist er wegen seiner Flexibilität oft wirtschaftlicher, Sollzinsen sind nur auf den jeweiligen in Anspruch genommenen Betrag zu zahlen und betrieblich veranlasste Sollzinsen sind steuerlich abzugsfähig.

Zusammen mit dem Steuerberater sollte man sich darüber hinaus Gedanken machen über die Grundformen langfristiger Fremdmittel und welches Darlehen sich für die Situation der Apotheke am besten eignet. Soll es beispielsweise ein Tilgungsdarlehen sein, ein Annuitätendarlehen oder ein Zinszahlungsdarlehen? Auch öffentliche Finanzierungsmittel wie z.B. ein ERP-Gründerkredit der KfW-Bank können bei der Aufstellung des Finanzierungsplans mit einbezogen werden.

Es ist nie zu früh, umbei einer Existenzgründung mit einem Rechenzentrum Kontakt aufzunehmen, empfiehlt Robert Baumann, ARZ Haan.

Schließlich ist noch die Hürde des Ratings („Basel II“) zu nehmen. In die Beurteilung des zu vergebenden Kredits und des Kreditnehmers fließen verschiedene Faktoren mit ein, wie Fremdkapitalstruktur, Gesamtkapitalrentabilität, Liquiditätsgrad, aber auch das Geschäftskonzept, die Qualität der gelieferten Daten und der Standort. Durch die kreditvergebende Bank werden Kreditfähigkeit des Kunden und Kreditsicherheit geprüft und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bewertet.

Die Bank prüft die materielle Kreditwürdigkeit anhand von Informationen, die sie durch mögliche langjährige Geschäftsbeziehungen mit dem Kunden hat, sie holt Informationen von anderen Banken oder Auskunfteien ein und verlangt Einkommensnachweise. Als obligatorische Sicherheiten bei der Apothekenfinanzierung sieht die Bank die Abtretung von Forderungen, die Sicherungsübereignung von Einrichtungsgegenständen und Geräten, die Abtretung von Lebensversicherungsansprüchen (Risiko- oder Kapitallebensversicherung) und die Ehegattenbürgschaft.

Einer der wichtigsten Partner: das Rechenzentrum

Trägt man sich mit dem Gedanken eine Apotheke zu übernehmen oder neu zu gründen, sollte man sich auch rechtzeitig mit der Auswahl eines Rechenzentrums für die Rezeptabrechnung befassen. Selbstverständlich ist, dass die rasche und sichere Abrechnung der Rezepte hier an erster Stelle stehen. Aber auch andere Leistungen des Rechenzentrums wie beispielsweise die Verhinderung von Retaxationen durch nachträgliche Rezeptüberprüfung spielen eine Rolle ebenso wie die Prüfung, ob Rabattverträge verletzt wurden und vieles mehr. Das Rechenzentrum sollte zudem die Rezeptsuche ermöglichen, falls sich zu einem späteren Zeitpunkt eine Rückfrage zu einem Rezept ergibt, umfangreiche Auswertungen und Statistiken bereitstellen, um nur einige Anforderungen zu nennen. Auch über den Zeitpunkt der Zahlungen an die Apotheke sollte man mit dem Rechenzentrum sprechen. Durch eine vorgezogene flexible Zahlung lassen sich möglicherweise Skontovorteile beim Großhandel nutzen.

Nach der Gründung …

… kommt die Aufbauarbeit des Unternehmens. Hier wiederum ist eine gute Steuerberatung unerlässlich, zumal man als Pharmazeut die betriebswirtschaftliche Auswertung, die Forderungen des Finanzamts, den Jahresabschluss nicht immer leicht überblickt. So kann der Steuerberater die Vorteile eines abweichenden Wirtschaftsjahres erklären, was es mit der Absetzung für Abnutzung auf sich hat, wie man einen Investitionsabzugsbetrag bildet und Sonderabschreibungen vornehmen kann. 

Ist die Gründung geschafft, kommt die Aufbauarbeit. Hier kann ein kompetentes Steuerbüro mit Fachwissen zur Seite stehen, so Gabriele Amoriello, Treuhand Hannover GmbH.

Nach Vorträgen von Thomas Preis (Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein), Silke Wolff und Gabriele A. Amoriello (Treuhand Hannover GmbH), Norbert Steffens, (Deutsche Apotheker- und Ärztebank), Robert Baumann (ARZ Haan AG).

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