Wirtschaft

Kosten für Zytostatika im Fokus

Barmer GEK Arzneimittelreport 2015 beklagt Anstieg der GKV-Arzneimittelausgaben

ks/cha | Wie üblich beklagt auch in diesem Jahr der aktuelle Arzneimittelreport der Barmer GEK einen deutlichen Anstieg der Arzneimittelausgaben. Erstmals geht er dabei intensiver ein auf die Ausgaben für individuelle parenterale Zubereitungen, die insbesondere in der Onkologie angewendet werden.

Der Arzneimittelreport analysiert auf der Basis von Versorgungsdaten der Barmer GEK die prägenden Trends in der Arzneimittelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Danach stiegen 2014 die Ausgaben für Arzneimittel von 30,39 auf 33,34 Milliarden Euro. Dies entspreche, so Studienautor Gerd Glaeske bei der Vorstellung des aktuellen Reports, einer Steigerung um 9% gegenüber 2013. Bei der Barmer GEK entstanden 2014 bei Gesamtaufwendungen für Arzneimittel von rund 4,5 Milliarden Euro Ausgaben von 520,21 Euro je Versichertem.

Erstmals in diesem Jahr untersuchten Gerd Glaeske und Christel Schicketanz von der Universität Bremen nicht nur die ausgabenträchtigsten Fertigarzneimittel, sondern auch onkologische parenterale Lösungen. Denn die individuell in Apotheken hergestellten Zubereitungen verursachten 2014 Ausgaben in Höhe von 424 Millionen Euro – und damit etwa 10% der Arzneimittelkosten bei der Barmer GEK. Seit 2004 hätten sich die Ausgaben für diese Rezepturen nahezu verdreifacht, so Barmer-Chef Christoph Straub.

Es sind vor allem die in der Onko­logie verwendeten monoklonalen Antikörper, die diese individuellen Arzneimittel sehr teuer machen. Nimmt man die für diese Zubereitungen verwendeten Fertigarzneimittel mit in die Top Ten der nach Ausgaben führenden Arzneimittel bei der Kasse auf, so nehmen sie dort gleich drei Plätze ein. Dann schiebt sich Bevacizumab (z. B. Avastin®) auf Platz zwei hinter den Tumornekrosefaktor-α-Antikörper Adalimumab (Humira®), Trastuzumab (Herceptin®) findet sich auf Platz vier und Rituximab (Mab­thera®) auf Platz neun.

Bald auch bei der Barmer Zyto-Ausschreibungen?

Glaeske zeigte zudem auf, dass die für die Zubereitungen verwendeten Fertigarzneimittel nahezu komplett in diesen aufgehen: Trastuzumab wird etwa zu 94% in Zubereitungen verwendet, Bevacizumab zu 98% und Rituximab zu fast 90%. Als Fertigarzneimittel finden sie in den Arzneimittelstatistiken daher gemeinhin keine Berücksichtigung.

Straub erwartet jedenfalls, dass die Ausgaben für parenterale Zubereitungen in der Onkologie weiter steigen werden. Ob die Ausschreibung der Zytostatika-Versorgung eine Lösung ist, um die Preise in Griff zu bekommen, ließ er offen. Bislang läuft das Modell nur bei den AOKen Nordost und Hessen. Das Bundessozialgericht hat letztens entschieden, dass Exklusivverträge einer Kasse mit Apotheken rechtens sind und andere Apotheken von der Versorgung ausschließen. Die Urteilsgründe sind noch nicht veröffentlicht. Sind sie da, wolle man sie sich genau anschauen, erklärte Straub. Und dann schauen, ob Ausschreibungen ein sinnvolles Beschaffungsinstrument sind. Glaeske ­äußerte sich zu diesem Komplex übrigens nicht. Vermutlich bewusst. Bekanntermaßen ist er kein Freund von Rabattverträgen.

BPI: fragwürdige Zahlen

Kritik kommt erwartungsgemäß vonseiten der pharmazeutischen Industrie. So bemängelt der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), dass der Barmer Arzneimittelreport auf fragwürdigen Zahlen basiere. Selbst der Arzneiverordnungs-Report (AVR) ziehe inzwischen von den seitens der Barmer GEK zitierten Arzneimittel-Gesamtausgaben für das Jahr 2014 die gesetzlichen Rabatte von Herstellern und Apotheken ab und weise die Einsparungen durch Rabattverträge aus. Die tatsächlichen Ausgaben der GKV würden dann statt bei 33,34 Milliarden Euro bei 27,8 Milliarden Euro und damit um 16% niedriger liegen.

Zudem sei in den verbleibenden Ausgaben auch die Mehrwertsteuer enthalten, die dazu führe, dass aus Beitragsmitteln der GKV Steuereinnahmen gemacht würden.

„Wir mahnen einen soliden Umgang mit Zahlen an“, so der Hauptgeschäftsführer des BPI, Henning Fahrenkamp. „Die ewige Wiederholung von Ausgaben, welche die Kassen gar nicht hatten, verzerrt das Bild.“

Auch der beklagte Anstieg um 9% im Jahr 2014 ergebe sich vor allem, weil der Gesetzgeber 2014 den 2010 auf 16% erhöhten Herstellerabschlag auf 7% zurückgeführt habe. |

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