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Was geht app?

„Mobile Marketing“ für die Apotheke

Der mobile Boom hat nahezu alle erfasst. Es ist schon erstaunlich, wie sehr sich innerhalb von sieben Jahren die Welt verändert hat. Denn vor sieben Jahren war der homo sapiens noch ein homo erectus und lief aufrecht grüßend durch die Städte. Dann stellte ein Mann in Kalifornien eine Idee vor, von der niemand glaubte, dass sie so etwas Etabliertes wie ein Mobiltelefon oder blackberry wirklich ersetzen könnte. Doch der Siegeszug des iPphones begann und breitete sich auch über Android auf Smartphones aus und so wurde der homo flectus zum gängigen Anblick im Straßenbild. Jener Typus Mensch, der kontinuierlich über sein Smartphone gebeugt Informationen austauscht oder sonst was tut – nur ohne könnte er nicht mehr. Alles mobile – oder was?

Der Schlüssel zum Erfolg der Smartphones sind Apps, also Programme für Mobilgeräte. Und dieser App-Markt boomt: Mit dem Kauf von Apps wurden 2012 in Deutschland rund 30 Millionen Euro umgesetzt, mehr als doppelt so viel wie 2011, wie der Hightech-Verband BITKOM berichtet. Apps sind kleine Programme, die speziell für Mobilgeräte wie Smartphones und Tablet Computer entwickelt werden. „Die stark gestiegenen Umsätze bei Programmen für Mobilgeräte zeigen: Apps sind zu einem echten Wirtschaftsfaktor geworden“, sagt Tobias Arns, App-Experte beim BITKOM. Insgesamt wurden 2012 in Deutschland rund 1,7 Milliarden Apps heruntergeladen. Das sind 80 Prozent mehr als 2011. Der Begriff App stammt ursprünglich aus dem englischen Sprachraum und leitet sich von dem Wort Application ab, was übersetzt so viel wie „Anwendung“ bedeutet.

Eine App ist ein Programm, wie zum Beispiel ein Textprogramm oder ein Spiel, das den Benutzer in irgendeiner Weise unterstützt. Apps sind im weiteren Sinne also immer auch Applications – mit dem feinen Unterschied, dass ihr Funktionsumfang begrenzter ist. Eine Application ist etwa Microsoft Word, eine App hingegen ein Notiztool auf dem Handy.

Foto: Robert Kneschke – fotolia.com

*Repräsentative Umfrage im Auftrag des Digitalverbands BITKOM

Eng verbunden: Smartphone und App

Der wachsende Markt der Apps ist untrennbar mit dem Siegeszug des Smartphones verknüpft: Laut Statista.de besaßen im Dezember 2012 rund 31 Millionen Personen in Deutschland ein Smartphone, was einem Anteil an allen Mobiltelefonnutzern von mehr als 50 Prozent entsprach. Heute sind bereits über 70 Prozent aller neu gekauften mobilen Telefone Smartphones. Dabei ist der Smartphone-Hype kein Privileg der Jugend: Rund 20 Prozent der Smartphone-Nutzer in Deutschland sind 35 bis 44 Jahre alt, 19 Prozent sind 45 bis 54 Jahre, 18 Prozent sind 55 Jahre und älter. Die Altersgruppe 50 bis 64 Jahre besitzt zu 97 Prozent immerhin ein Mobiltelefon.

Die Preise der smarten Telefone belegen, dass den Nutzern ihr kompakter Kommunikations-Allrounder etwas Wert ist: Apple ruft für sein iPhone 6 aktuell mindestens 699 Euro auf.

Runtergebrochen auf den Apothekenmarkt zeigt dies, dass die Smartphone-Nutzer eine lukrative Kundengruppe sind, die man über ihr mobiles Endgerät perfekt ansprechen kann.

Smartphones sind verführerisch, denn sie verkürzen Wege und machen vieles möglich: Man kann Mails checken, sich die beste Bahnverbindung anzeigen lassen, Wege berechnen, Wartezeiten mit Spielen überbrücken, mit Freunden ein Bild über Whatsapp teilen, witzige Youtube-Videos abspielen, Notizen machen, seinen Kalender und die Kontakte pflegen, Nachrichten lesen und im Internet surfen. Spätestens an dieser Stelle werden das Smartphone und die App für den Apotheker interessant, denn beide bieten den direkten Zugang zu Shoppingseiten oder Informationsseiten. Bei der unübersichtlichen Vielzahl der Apps werden sich aber nur die durchsetzen und dauerhaft genutzt werden – darin sind sich die Experten einig – die im wahren Wortsinne nützlich und möglicherweise auch noch vielseitig sind.

Checkliste: Aus Multi-Channel-Gesichtspunkten ­empfehlenswerte Standards

  • Gibt es Angaben zu den Öffnungszeiten der Apotheke?
  • Existiert eine Kontaktfunktion zur Apotheke?
  • Bietet sie einen Notdienstplan und die Wegplanung dorthin?
  • Bietet sie regelmäßig Gesundheitsinformationen und Tipps?
  • Besteht die Möglichkeit, meine Meinung zu äußern und die Infos mit Freunden zu teilen?
  • Erhalte ich auch Tipps, welche Produkte bei dem einen oder anderen Thema hilfreich sind?
  • Kann ich diese dann gleich (vor-)bestellen?
  • Erfahre ich etwas über die Serviceleistungen der Apotheke?
  • Kann ich mit der Apotheke einen Termin vereinbaren?
  • Erhalte ich Informationen über Arzneimittel?
  • Kann ich ein Rezept per Foto vorbestellen?
  • Kann ich Produkte vorbestellen oder kaufen?
  • Kann ich die App als Shop nutzen und direkt bestellen und bezahlen?
  • Kann ich meine letzten Bestellungen verwalten?
  • Kann ich Dinge, die ich auch auf der App mache, identisch auch an ­meinem Rechner zu Hause nachvollziehen (Integrität der Daten – ­Kernnutzen im Multi-Channel-Marketing)?
  • Kann mich die App an die Einnahme meiner Medikamente erinnern?
  • Kann mir die App helfen, meine Rezepte im Griff zu haben und mich ­daran erinnern, wenn ich wieder zum Arzt gehen müsste?

Apps und Kundenbindung

Das bedeutet, dass der Apotheker mit einer intelligenten App, die den Weg in den Onlineshop ebnet, aktuelle Informationen zu Fitness, Wellness und Gesundheit anbietet und weitere persönliche gesundheitliche Services anbietet, große Chancen hat, seinen Kunden über sein mobiles Endgerät zu erreichen. Denn bedenkt man, dass das Smartphone zum unverzichtbaren Begleiter seines Besitzers geworden ist, das – ganz im Gegensatz zu eigentlich allen anderen Gegenständen – sich immer in Reichweite oder anders gesagt: sich niemals mehr als 70 cm vom Herzen entfernt befindet, bietet es einen einmaligen Zugang zum Besitzer. Zudem ist das Smartphone, anders als die Brille oder der Geldbeutel, positiv besetzt und bietet einen persönlichen Zugang zu ihm.

Apothekern stellt sich an dieser Stelle die Frage, ob und wie Apps zur Kundenbindung oder gar –gewinnung genutzt werden können. Wer überlegt, selbst eine eigene App entwickeln zu lassen, dem sei abgeraten: Ein professioneller App-Entwickler veranschlagt rund 1200 Euro pro Tag, weitere Kosten kommen hinzu. Daher stellt sich eher die Frage, welchen App-Anbieter ein Apotheker in Anspruch nimmt, um sie für seine Kunden nutzen- und für seine Apotheke umsatzbringend einzusetzen.

Bei der Suche nach der optimalen Apotheken-App muss sich der Apotheker die Frage beantworten: Zu was bin ich bereit? Wie weit will ich gehen? Bin ich bereit, meinen Kunden in eine neue Betreuungswelt zu führen und ihm zu helfen, sich darin zurechtzufinden? Denn klar ist – es besteht hier die Gefahr, dass der Kunde sich mit nur zwei Klicks zur Konkurrenz verabschiedet. Denn viele Apps – etwa von größeren Kooperationen – integrieren alle Umfeld-Apotheken und bieten damit kaum eine Chance, den Kunden an eine bestimmte Apotheke zu binden. Aus Sicht des Apothekers ist die Apotheken-Umfeld-Suche problematisch.

Checkliste: Kriterien für die Auswahl der Apotheken-App

  • Bietet die App den besten Kundennutzen?
  • Bindet die App den Kunden an die eigene Apotheke?
  • Kann ich die App in meine Multi-Channel-Strategie einbinden?
  • Sind alle meine Aktivitäten für den Kunden in allen medialen Formen aus einem Guss? Sind meine Marketingmaßnahmen überall gleichermaßen verfügbar?
  • Ist die Integration mit an­deren Medien realisierbar (Flyer, Katalog)
  • Gibt es echte Gesundheits- und Compliance-Mehrwerte? (Medikationsplan, Erinnerungen, ...)
  • Unterstreicht die App ­meinen USP?

Ist dies geklärt und man ist sicher, dass die App dem Aufbau der eigenen Kundenbeziehung dient, dann ist der Weg frei, auch die doch sehr persönlichen Nutzerperspektiven, wie Medikationsplan, Kaufhistorie etc. mit einer App anzubieten. Auch hier muss geprüft werden, ob das App-Angebot mit den übrigen Marketing-Tools der Apotheke harmoniert, etwa Terminvereinbarungen, Homepage, Shop, Flyer. Denn dies ist für den Multichannel-Aspekt des Marketing-Auftrittes immens wichtig. Eine Frage in diesem Zusammenhang lautet etwa: Verfügt die App über eine Einkaufsmöglichkeit (also ein vollständiges Shop-Modul)? Das unterstützt die Flyerwerbung um eine digitale Dimension: denn dann kann der Kunde direkt auf Basis des erhaltenen Flyers die interessanten Produkte bequem mit dem Handy einkaufen. Das erhöht die Responserrate und steigert das Kundenerlebnis.

Bei der Auswahl der Service-Aspekte stehen der Apothekennutzen und der Kundenkomfort im Vordergrund. Die einzelnen App-Tools müssen sinnvoll und für den Kunden nützlich sein:

Werden die Öffnungszeiten der Apotheke aufgerufen, will der Kunde schnell feststellen können, wie er am schnellsten zum Ziel kommt. Vor dem Weg dorthin, will er das aktuelle Angebot betrachten, gegebenenfalls ein Rezept vorbestellen, indem die leer werdende Packung via Foto zum Apotheker geschickt wird. Ideal ist es dann, wenn der auf der App integrierte Flyer einfache Bestell- oder Kauf-Optionen bietet. Denn dann kann der Kunde beim Abholen seines Rezeptes auch den Resteinkauf, der bereits vorbestellt in der Apotheke auf ihn wartet, einfach abholen. Der Apotheker kann beim Kundengespräch darauf hinweisen, dass der Kunde an den Einnahmezeitpunkt seiner Medikamente erinnert werden kann und auch einen Hinweis erhält, wenn seine Medikamente nachbestellt werden sollten.

So eröffnet sich ein großes und wirklich wichtiges Feld der Compliance-fördernden Betreuung eines Kunden. Wobei elementar ist, dass die App das Abwandern des Kunden nicht ermöglicht. Ist diese Gefahr gebannt, dann kann ein solcher Kunde zum festen Stammkunde werden, mit dem intensive und vertrauensvolle pharmazeutische Beratung mithilfe des Smartphones möglich ist.

Allerdings reicht der Einsatz von Apps allein nicht aus, um seinen Kunden dauerhaft zu binden. Wesentlich ist es, dass die Apotheke und deren Werbemittel einen einheitlichen Look haben und der Kunde, gleichgültig, ob er eine App, einen Newsletter oder Flyer erhält, die Website oder den Facebook-Auftritt besucht, klar erkennt, dass er es mit „seiner“ Apotheke zu tun hat. Denn Multichannel-Marketing in der Apotheke beginnt bereits mit dem Einstieg in ein E-Mail-Marketing, oder der Kombination der Flyer mit seinem Online-Shop oder der Online-Bestellmöglichkeit aus Facebook heraus. Bereits durch diese wenigen Schritte hebt sich die Apotheke von der Mehrheit der „Einkanal-Apotheken“ hervor. |

M. O. Brandt, Apozin GmbH, Wiesbaden

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