Die Seite 3

Auch eine Chance!

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Eigentlich soll das geplante E-Health-Gesetz vor allem die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte und den Ausbau der Telematikinfrastruktur vorantreiben. Aber mit dem Gesetz wird noch ein ganz besonderes Anliegen verfolgt, das man so nicht unbedingt in einem Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen – kurz E-Health-Gesetz – verorten würde: die Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit. Gesetzlich versicherte Patienten mit mindestens drei verordneten Arzneimitteln sollen ab Oktober 2016 einen Anspruch auf einen einheitlichen Medikationsplan in Papierform haben. Ausgestellt werden soll dieser durch einen Arzt, der auch für die Aktualisierung Sorge zu tragen hat. Diese Tätigkeit soll vergütet werden. Allerdings dürfen andere Leistungserbringer wie Apotheker den Plan aktualisieren. Für diese Tätigkeit sollen Apotheker keine Sondervergütung erhalten (s. S. 13).

Manch einer unserer Kollegen, der schon immer das Perspektivpapier 2030 und die Etablierung von Medikationsanalyse und Medikationsmanagement als pharmazeutische Dienstleistungen kritisch gesehen hat, wird sich in seiner Ansicht bestätigt fühlen und in dem E-Health-Gesetz den Sargnagel für hochtrabende Träume unserer Standesvertretung sehen. Aber wäre das wirklich das Ende, wenn dieser Entwurf Gesetz wird?

Sicher nicht! Das Bundesministerium für Gesundheit hat sich die Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit auf die Fahnen geschrieben, nimmt für die Förderung entsprechender Projekte viel Geld in die Hand und scheint jede Gelegenheit zu nutzen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Doch gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Denn es ist vollkommen klar, dass mit der jetzt vorgesehenen Regelung im E-Health-Gesetz für den Patienten nichts verbessert wird. Der Medikationsplan wird so gut oder so schlecht sein, wie die Informationen, die der Patient seinem Arzt gibt. Damit aber der Medikationsplan mehr wird, als eine schlichte Auflistung, sind eine Analyse der Gesamtmedikation und die für den Therapieerfolg in Abstimmung mit dem Patienten erarbeiteten Anwendungshinweise, also pharmazeutische Dienstleistungen, unabdingbar. Doch die sind in dem Gesetzentwurf nicht vorge­sehen, auch nicht als ärztliche Dienst­leistung.

Bleibt zudem auch abzuwarten, wie viele Patienten denn einen solchen Medikationsplan einfordern werden. Sollten tatsächlich nahezu alle Patienten mit drei und mehr verordneten Medikamenten darauf bestehen, dann möchte man sich nicht ausmalen, wie es in den Arztpraxen zugehen wird. Sicher wird dann kein Arzt mehr bei jedem Patienten mit Ruhe auf die gelisteten Medikamente schauen können, eher druckt die Arzthelferin den Medikationsplan aus, und bestenfalls sind dann zumindest die Angaben zu den bekannten Arzneimitteln wie Darreichungsform, Dosierung und Einnahmehinweise korrekt.

Unterm Strich wird klar: Wenn die Apotheker nicht mit ins Boot geholt werden, ist das erklärte Ziel von Gesundheitsminister Gröhe, die Arzneimitteltherapiesicherheit zu verbessern, nicht zu erreichen. Das ist für die Patienten zunächst bitter, aber für unseren Berufsstand nicht der Untergang, sondern eine große Chance. Denn das zu erwartende Scheitern des im E-Health-Gesetz aufgegleisten Medikationsplans wird die Politik zwingen, nachzubessern. In der Zwischenzeit haben wir die Möglichkeit, mit den vielen derzeit laufenden Projekten und den aufkeimenden Aktivitäten in Sachen Medikationsanalyse in den Apotheken vor Ort noch deutlicher zu zeigen, dass ohne Apotheker und pharmazeutischen Sachverstand alle Anstrengungen zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit auf der Strecke bleiben. Sollte der Kabinettsentwurf in dieser Form Gesetz werden, sollten wir nicht den Kopf in den Sand stecken und allen Unkenrufen zum Trotz diese Chance für unseren Berufsstand nutzen.

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