Prisma

Schläfenthermometer noch zu ungenau

Vergleichsstudie empfiehlt bei Erwachsenen klassische Temperaturmessung

cae | Kontaktfreie Fieberthermo­meter drängen in immer größerer Zahl auf den Markt. Für klinische Zwecke messen sie jedoch nicht präzise genug – so das Ergebnis eines Review.
Foto: Africa Studio – Fotolia.com
Fieber messen, ohne das Kind aufzuwecken. Mit einem Schläfenthermometer geht’s.

Knapp 150 Jahre ist das Fieberthermometer alt, also viel jünger als der Begriff „Fieber“, mit dem die Mediziner traditionell den geschwächten Allgemeinzustand bei akuten Infektionen beschrieben, nicht aber speziell die erhöhte Körpertemperatur. 1890 gab Wilhelm Uebe dem Fieberthermometer seine klassische Form, die es bis zum Aufkommen der digitalen Formen behielt. Die Körpertemperatur wurde am präzisesten im After oder im Mund (z. B. in England üblich) gemessen; die angenehmere Messung unter der Achsel taugte für den Hausgebrauch. Die Kombination von Infrarot-Sensoren mit Elektronik ermöglichte die Konstruktion spezieller Fieberthermometer fürs Ohr oder für die Stirn, die inzwischen als gleichwertig anerkannt sind. Thermometer, die berührungslos vor die Schläfe gehalten werden (Abstand < 1 cm) und per IR-Sensoren die Temperatur der Schläfenarterie messen, stellen die jüngste Kreation dar. Sie werden von ihren Herstellern teilweise recht offensiv beworben, stoßen aber in der Fachwelt immer noch auf eine gewisse Skepsis.

Der große Vorteil der IR-Messung ist ihre Schnelligkeit: Etwa zehn IR-Sensoren können in einer Sekunde über 1000 Messungen ausführen, deren Durchschnittswert ein eingebauter Minicomputer sofort ermittelt und in die Temperatur umrechnet. Schläfenthermometer können zudem auch bei schlafenden Personen angewendet werden.

Pflegewissenschaftler in Patras, Griechenland, haben nun 20 Vergleichs­studien mit Schläfenthermometern bei Erwachsenen, die von 2002 bis 2015 publiziert wurden, ausgewertet. Acht Studien verglichen die Temperatur der Schläfenarterie mit der (per Katheter gemessenen) Temperatur der Lungenarterie, der Harnblase, der Speiseröhre und des Nasenrachens. Dabei wichen die Schläfen-Messwerte in sechs Studien stärker als die tolerierten 0,3 °C von der tatsächlichen Temperatur ab.

Neun Studien verglichen Schläfenthermometer mit der Temperaturmessung im Mund oder im Ohr. Hier war die breite Streuung der Schläfen-Messwerte unbefriedigend, doch immerhin lagen die Durchschnittswerte in fünf Studien innerhalb der Toleranzgrenzen. Die griechischen Autoren emp­fehlen aufgrund dieser Ergebnisse, bei Erwachsenen keine Schläfen­thermometer zu verwenden. |

Quelle

Kiekkas P, et al. Agreement of infrared temporal artery thermometry with other thermometry methods in adults: systematic review. J Clin Nursing 2016;25(7-8):894-905

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.