Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: 2017 – aus allen Rohren

Ein Ausblick aus ökonomischer Sicht

Andreas Kaapke

2017 steht im Zeichen der Bundestagswahl und auch die Apotheker dürfen zu Recht gespannt sein, wer mit wem in welcher Konstellation in Zukunft Deutschland regieren wird. Gesundheit ist zwar ein Kernthema der Gesellschaft, aber gehört in der Politik nicht zu den beliebten Ministerien. Da regulierte Märkte wenig Profilierungsmöglichkeiten für Politiker nach außen und Kärrnerarbeit nach innen bedeuten, ist dies eher ein Ministerium für einen parteiinternen Hoffnungsträger oder einen Parteisoldaten. Gröhe war ein solcher Parteisoldat und wurde trotz allem oder gerade deshalb mit dem Ministerium belohnt, vielleicht auch weil Ursula von der Leyen nicht wollte. Ob er – so eine von Merkel geführte Regierung an der Macht bliebe – weiter Minister und, wenn ja, weiter für Gesundheit zuständig sein würde, ist eher unwahrscheinlich. Die Verweildauer in diesem Amt kann getrost als überschaubar bezeichnet werden. Dass er sich über eine ganze Legislaturperiode gehalten hat, ist durchaus respektabel. Und er hat die Sache besser gemacht, als manch einer erwartete.

Bei einer von der CDU/CSU geführten Regierung darf dann auch das höchste Maß an Kontinuität erwartet werden. Doch wenn die CDU/CSU dabei nicht den Minister stellt, sieht es unter Umständen schon anders aus. In einer Großen Koalition mit einem SPD-Minister würde es eher zu Veränderungen kommen. Wohl auch bei Beteiligung der FDP. Mit den Grünen und den Linken dürfte es deutlich wahrnehmbarere Akzentverschiebungen geben, wohin auch immer. Hier sind sicher die Wahlprogramme abzuwarten, da sich Parteiprogramme auch in der Vergangenheit als hinreichend geduldig erwiesen haben. Zudem sind Koali­tionen Kompromisse und diese oftmals weit von den Partei- und Wahlprogrammen der an der Koalition Beteiligten entfernt. So fanden in den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2013 die Apotheken kaum Erwähnung und unter dem Stichwort Gesundheit wurde alles Mögliche thematisiert, nur nicht die Apotheken oder wenigstens die Arzneimitteldistribution.

Für die Apotheken könnte ein Regierungswechsel gut und schlecht zugleich sein. An Gröhe weiß man, was man hat. Selbst wenn er ausgetauscht würde, dürften die Eckpfeiler unter der CDU klar sein. Ob Karl Lauterbach zu Ministerehren kommen würde, ist weiter fraglich, aber auszuschließen ist dies nicht. Und eine Renaissance der FDP in einer Regierung deutet sich zumindest an. Für diese wäre das Ressort Gesundheit nicht unbekannt, der Amtsinhaber wohl auch nicht, denn dann würden die wichtigsten Parteistrategen versorgt und mehr als drei Ministerposten dürfte es für die FDP keinesfalls geben.

Dass die bestehende Regierung um den Jahreswechsel das EuGH-Thema noch zur Zufriedenheit der Apotheken und der Bevölkerung geregelt bekommt, zumindest aber im 1. Quartal 2017, steht zu hoffen. Danach wird es nicht nur schwierig, sondern vermutlich auch kaum mehr durch die beteiligten Gremien zu bringen sein, und dann kann es eng werden mit der deutschen Korrektur der europäischen Verwerfung. Deshalb muss hier sehr schnell etwas passieren und es sollte sich niemand in Sicherheit wiegen, dass es gut ausgehen wird. Erst wenn ein Verbot oder eine andere Regelung die Möglichkeiten des Versandhandels eindämmt, zumindest aber die mit dem EuGH-Urteil einhergehende Bevorzugung der Versender zurücknimmt, kann aufgeatmet werden. Diese Zitterpartie ist für den Berufsstand und vor allem für dessen Nachwuchs alles andere als ein gutes Signal, die ersten Reflexe lassen aber immer noch Zuversicht zu.

Und schließlich wird mit Spannung das Gutachten zur Vergütung erwartet. Selbst wenn ein unter Gabriel geführtes Wirtschaftsministerium dies nicht mehr im Laufe der Legislaturperiode umsetzen könnte, wird es doch die Diskussion befeuern, wie die Vergütung für Apotheken in Zukunft ausgestaltet werden kann. Die Standesvertretung der Apotheker ist aufgefordert, schon heute Szenarien auszudenken, wie damit umgegangen wird, und ggf. schon jetzt einen Gegenentwurf zu diskutieren, sodass nur noch geprüft werden müsste, ob zwischen den eigenen Überlegungen und den Überlegungen des Gutachtens hinreichend große Schnittmengen bestehen. Damit würde der Fehler beim EuGH-Urteil nicht wiederholt, der darin zu liegen schien, zunächst abgewartet und erst dann wahrnehmbar reagiert zu haben, als das Urteil feststand. Aber vielleicht findet das alles hinter verschlossenen Türen schon statt, dringt nicht nach draußen und kann dann hochprofessionell abgerufen werden. 2017 wird ein bedeutsames Jahr – wenn auch nicht vieles exekutiert werden sollte, wird manches präjudiziert. Allein die Richtung gilt es zu beeinflussen, ab heute und schon wieder aus allen Rohren. |


Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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