Prisma

Fernsehserie könnte Werther-Effekt verursachen

19% mehr Recherchen zu „Suizid“ im Netz

cae | In den USA stiegen die Internet-Recherchen rund um das Thema Suizid an, seitdem die Netflix-Serie „13 Reasons Why“ im Netz verfügbar ist. Psychologen befürchten, dass in der Folge ein Werther-Effekt auftritt.
Quelle: Archivist – Fotolia.com
Werthers Liebe zur verheirateten Lotte ist aussichtslos. Er sieht keinen anderen Ausweg aus seiner Misere als den eigenen Tod.

Als J. Wolfgang Goethe 1774 „Die Leiden des jungen Werther“ veröffentlichte, folgten einige tief ergriffene Leser dem Beispiel der unglücklich verliebten Hauptperson und nahmen sich das Leben. Eine Erhöhung der Suizidrate aufgrund einer populären Publikation oder auch eines anderen Mediums wird demzufolge als Werther-Effekt bezeichnet.

Der amerikanische Schriftsteller Jay Asher veröffentlichte 2007 seinen Roman „Thirteen Reasons Why“ (deutsche Übersetzung „Tote Mädchen lügen nicht“, 2009), in dem eine zum Selbstmord entschlossene Schülerin die Gründe für ihren Entschluss ausführlich darlegt und der Nachwelt hinterlässt; konkret beschuldigt sie 13 Mitschüler, sie in den Selbstmord getrieben zu haben. 2007 wurde zwar kein Werther-Effekt bemerkt, aber nachdem der Roman verfilmt wurde und nun als Serie in der Streaming-Plattform Netflix abrufbar ist, gibt es erste Anzeichen dafür: So gab es bei der Suchmaschine Google in den 19 Tagen nach der Veröffentlichung der Serie 900.000 bis 1,5 Millionen zusätzliche Suchanfragen bezüglich „Selbstmord“ als im gleichen Zeitraum zuvor; im Durchschnitt waren es 19% mehr. Die Anfragen reichten von „how to kill yourself“ (+ 9%) bis „teen suicide“ (+ 34%). Aber die Google-Nutzer suchten nicht nur Informationen, sondern auch Hilfe, wie z. B. die Anfragen „suicide hotline number“ (+ 21%) und „suicide prevention“ (+ 23%) zeigen.

Ob einige Google-Nutzer nach ihrer Information ihre Gedanken an die Selbsttötung in die Tat umgesetzt haben, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Wenn dies der Fall wäre, wäre bei der Interpretation auch zu berücksichtigen, dass die Suizidrate in den USA niedriger ist als in Europa (während die Rate von Mord und Totschlag höher ist). Prophylaktisch fordert der Public-Health-Forscher John Ayers, dass Netflix sich an die Leitlinien für Medien zum Umgang mit Suiziden hält, die die Weltgesundheitsorganisation herausgegeben hat. So soll z. B. der Suizid selbst nicht gezeigt werden. |

Quelle

Ayers JW et al. Internet Searches for Suicide Following the Release of 13 Reasons Why. JAMA Intern Med; Epub 31.7.2017

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