Arzneimittel und Therapie

Nur negatives Ergebnis wirklich aussagekräftig

Ein Gastkommentar von Prof. Dr. med. Markus Knuf, Wiesbaden/Mainz

Prof. Dr. med. Markus Knuf, Wiesbaden/Mainz

Infektionskrankheiten treten bei Säuglingen und Kleinkindern besonders häufig und mit einer saisonalen Betonung auf. Zweifelsohne sind Viren meistens für die mit hohem Fieber einhergehenden Infektionskrankheiten, vor allem der Atemwege, verantwortlich. Virusinfektionen werden symptomatisch und nicht antiinfektiv behandelt. Auf der anderen Seite kommen bakterielle Infektionen durch bekapselte Erreger (Meningokokken, Pneumokokken, Haemophilus influenzae Typ B) mit hoher Morbidität und Letalität besonders bei Säuglingen und Kleinkindern vor. Außerdem können primär virale Infektionen durch eine sekundäre bakterielle Infektion kompliziert verlaufen.

Die Differenzierung zwischen akuter viraler und bakterieller Infektion und die hieraus resultierende Entscheidung zur Therapie mit Antibiotika wird oft klinisch, in einem engen Zeitfenster und ohne Laborressourcen gefällt. Da bakterielle Infektionen, insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern, tödlich verlaufen können, wird „im Zweifel“ antibiotisch behandelt.

Zur Differenzierung zwischen viralen und bakteriellen Infektionen sind vor allem die Blutbildanalyse, inklusive Differenzialblutbild, das C-reaktive Protein (CRP) und im Neonatalbereich das Interleukin 6 (IL-6) als Laborparameter etabliert worden. In ausgewählten Fällen wird auch der Serumspiegel von Procalcitonin als bakterieller Parameter herangezogen.

In einer prospektiven, doppelblinden und multizentrischen Studie wurde nun ein Dreifachtest, der Interferon-Gamma induziertes Protein-10 (IP 10), C-reaktives Protein (CRP) und „tumour necrosis factor-related apoptosis-inducing ligand“ (TRAIL) beinhaltet, zur Unterscheidung von bakteriellen und viralen Infektionen bei Kindern untersucht. Für den klinischen Alltag ist die Qualität eines Testverfahrens (Sensitivität, Spezifität) wichtig, jedoch nicht ausschlaggebend für eine Therapieentscheidung. Hierfür ist vielmehr der positive bzw. negative Vorhersagewert von Bedeutung. Bekanntermaßen hängt dieser Parameter entscheidend von der ausgewählten Testpopulation und der Epidemiologie eines Erregers ab. Der breite Einsatz des Tests, auch ohne Berücksichtigung der Epidemiologie von Virusinfektionen (z. B. im Sommer), dürfte somit zu deutlich anderen Vorhersagewerten führen als im Rahmen der Studie. Kritisch anzumerken ist, dass in der Publikation von van Houten et al. kein Erregernachweis dokumentiert wurde.

Den Studienergebnissen kann man entnehmen, dass ein negatives Test­ergebnis gegen eine bakterielle Infektion spricht und damit hilfreich ist für die Frage zur Verordnung eines Antibiotikums. Ein positives Testergebnis spricht dagegen keineswegs immer für eine bakterielle Infektion (positiver Vorhersagewert um 60%). Darüber hinaus sind einige Viren, darunter Adenoviren und Echoviren, dafür bekannt, dass sie mit erhöhten Entzündungszeichen eine „bakterielle Infektion“ vortäuschen können. Eine Alternative zur Diagnostik mit Entzündungsmarkern stellt die Erreger­diagnostik (z. B. mittels Multiplex-PCR) dar, die allerdings mit erheb­lichen Limitationen behaftet ist. Untersuchungen mit beiden Verfahren zusammen stehen noch aus.

In der Zusammenschau der Befunde stellt das untersuchte Testverfahren einen wichtigen Baustein in der Differenzierung viraler von bakteriellen Infektionen dar. Die Auswahl der geeigneten Patienten (Einfluss auf Vorhersagewahrscheinlichkeit), die Bedeutung von Viren, die bakterielle Infektionen imitieren können, sowie die Wertigkeit des Testverfahrens in einem größeren Kollektiv sind offene Fragen. Es bedarf daher einer ergänzenden Forschung, um die letztend­liche Bedeutung des Verfahrens im klinischen Alltag zu verifizieren. |

Univ.-Prof. Dr. med. Markus Knuf,
HELIOS Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden,
Klinik für Kinder und Jugendliche,
Universitätsmedizin Mainz,
Pädiatrische Infektiologie

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