Management

Schlüsselbegriffe der Apothekenführung: Visionen

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Prof. Dr. Dieter Benatzky ist Leiter des Instituts für Gesundheitswirtschaft in Bad Endorf und emeritierter Professor für Marketing an der FH Rosenheim.

Visionen? Haben Sie eine Vision von Ihrer Apotheke? Diese Frage muss mir gestattet sein; denn schließlich ist es der Beginn eines neuen, für Apotheken nicht ganz leichten Jahres. Es gibt wohl kaum einen Begriff mit einer derartigen Deutungs-Spannweite wie der Begriff „Visionen“. Er reicht von nicht ernst zu nehmenden Ideen kreativer Spinner bis zur unabdingbaren Voraussetzung als Zielmarke für eine nachhaltige Apothekenführung. Auf der einen Seite wird von „Corporate Dreaming“ gesprochen, also von Träumereien. Das sind möglicherweise diejenigen, die aufgrund ihrer Visionen besser zum Arzt gehen sollten. Auf der anderen Seite gibt es viele erfolgreiche Apotheker, die das Wort „Visionen“ nicht gebrauchen, aber genau das tun, was mit Visionen gemeint ist – nämlich eine Vorstellung von ihrer Apotheke zu entwickeln, die es zu realisieren gilt. Hier besteht Erklärungsbedarf.

Wer führt, der braucht eine Vision in Form eines Fernbildes. Dieses Fernbild gibt der Apotheke eine klare Ausrichtung. Es schenkt dem Apotheker einen klaren Blick nach vorn und die innere Kraft, um den ständigen Anforderungen gerecht zu werden.

Eine Vision soll aber auch die Apotheke von innen heraus prägen. Sie entfaltet ihre ganze Kraft, wenn das gesamte Apothekenteam mitzieht. Viele Apothekenleiter mögen jetzt etwas skeptisch werden. Aber eine Vision ist nicht nur etwas, was der Chef auf sich persönlich bezieht. Die Mitarbeiter müssen sich mit dieser Vision befassen und sie verstehen. Daher muss eine Vision einfach und verständlich sein, und sie muss kommuniziert werden.

Die Raumfahrt-Vision des amerikanischen Präsidenten Kennedy war ganz einfach: Wir werden auf dem Mond landen und für die gesamte Menschheit Fortschritte bringen. Amerika soll die führende Raumfahrt-Nation sein. Etwa so wurde das große Mondlande-Projekt der USA verkündet. Alle haben es erfahren, und alle haben es verstanden. Mit dieser Vision wurde der Ehrgeiz der ganzen Nation geweckt. Und der erste Mensch auf dem Mond war ein Amerikaner.

Auch die Brüder Albrecht hatten eine Vision, als sie ihren ersten kleinen Lebensmittelladen in Essen als preiswerte Einkaufsquelle für Lebensmittel umgestalteten. Sie wollten das Einkaufen wesentlich billiger machen. Daraus ist ein mächtiger Konzern geworden, der immer noch der gleichen Vision verpflichtet ist.

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Woraus besteht nun eine zugkräftige Vision? Wie können wir dieses Zukunftsbild umschreiben, welches ehrgeizig ist, aber doch nahe genug an der Realisierbarkeit, um die Beteiligten hierfür zu begeistern?

Eine Vision beginnt immer beim Kunden bzw. beim Patienten. Sie beantwortet die Fragen: Warum kommen die Kunden/Patienten heute in meine Apotheke, und ­warum sollen sie in Zukunft zu mir kommen? Diese Fragen können wir auch erweitern. Sie würden dann lauten: Wozu brauchen die Kunden/Patienten und die verschiedenen Partner im Gesundheitswesen meine Apotheke, und wie soll dies in Zukunft aussehen? Das sind die entscheidenden Fragen nach dem Nutzen, welchen die Apotheke bietet. Welchen Nutzen wollen wir in Zukunft unseren Kunden/Patienten bieten, welchen Nutzen sollen die Ärzte, die Kliniken, die Altenheime, ja, die Krankenkassen von meiner Apotheke haben?

Eine Vision ist dann ein begeisterndes und anspornendes Zukunftsbild, wenn sie mutig ist und einen „Quantensprung“ darstellt. Sie sollte eine wesentliche Verbesserung des Nutzens oder aber völlig neue Leistungen beschreiben, welche für die Partner der Apo­theke wertvoll sind.

Im zweiten Schritt geht es um das Fernbild der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung und der Bedeutung der Apotheke, die sie aufgrund des eben beschriebenen Nutzens erlangen wird. Auch hier sollte die Vision mutig sein. Sie ­beantwortet die Fragen nach der Marktbedeutung, der Ausgestaltung der Apotheke, der Apothekengröße sowie den möglichen künftigen Investitionen.

Visionen geben dem Apotheken­leiter und den Mitarbeitern eine Perspektive und damit Sicherheit. Sie schweißen vor allem das Apothekenteam zusammen. Damit es eine gemeinsame Identität gewinnen kann, sind verbindliche, von allen akzeptierte Werte erforderlich. Werte sind ein wichtiger ­Bestandteil von Visionen. Sie betreffen das Verhalten unterein­ander sowie das Verhalten den Kunden/Patienten gegenüber. ­Solche Werte sind z. B. Ehrlichkeit, Offenheit, Akzeptanz von Kritik, die Anerkennung von Leistungen oder auch Hilfsbereitschaft und Loyalität.

Jetzt haben wir die drei Elemente einer sinnvollen Vision umrissen. Das sind

  • erstens der Quantensprung beim Nutzen für die Patienten bzw. die Partner der Apotheke,
  • zweitens die wirtschaftliche Bedeutung der Apotheke und
  • drittens die Werte, welche das Verhalten des Apothekenteams nach innen und außen prägen.

Sie sehen, Visionen sind etwas ganz Praktisches und Sinnvolles. Sie erleichtern viele Entscheidungen der Apothekenführung, und wenn Sie diese mit Ihrem Team teilen, dann werden Sie merken: Da bewegt sich etwas und die Apotheke macht wieder mehr Freude. |

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