Gesundheitspolitik

AOK, Apotheker und Ärzte fordern Impfstoff-Reserve

Engpässe: Aus Baden-Württemberg werden Forderungen nach Konsequenzen laut

BERLIN (ks) | In weiten Teilen Deutschlands läuft die Versorgung mit Grippeimpfstoffen in dieser Saison mehr als holprig. Obwohl der Gesetzgeber die exklusiven Rabattverträge für Vakzine abgeschafft hat, gibt es Engpässe. Seitdem das Bundesgesundheitsministerium Ende November offiziell einen Versorgungsmangel festgestellt hat, können die Länder bei der Impfstoffbeschaffung befristet Wege gehen, die das Arzneimittelgesetz im Regelfall nicht vorsieht. Und das nutzen die Länder. Die meisten erlassen Allgemeinverfügungen, die den Import von Impfdosen aus dem Ausland erlauben. Doch eine Lösung für die Zukunft kann dies sicher nicht sein. Während Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Regelungen zur Impfstoffversorgung im Rahmen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) nochmals nachbessern will, forderten in Baden-Württemberg vergangene Woche AOK, Ärzte und Apotheker im Schulterschluss Konsequenzen für die Hersteller und eine nationale Impfstoff-Reserve.

Der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg, Dr. Christopher Hermann, erklärte: „Die Impfstoffhersteller haben ihre Zusage an die Politik, die im Zusammenhang mit der Abschaffung der Lieferverträge der Kassen zu Impfstoffen gegeben wurde, nicht eingelöst. An die Stelle der Planungssicherheit ist offensichtlich die Sorge um Überkapazitäten getreten.“ Wenn der Gesetzgeber die Impfstoffhersteller derart aus ihrer Pflicht entlasse, so Hermann, müsse er selbst für die Versorgungssicherheit eintreten. „Das kann durch Einlagerung von Reservekapazitäten durch den Bund erfolgen.“

Becker: Laissez-faire funktioniert nicht

Auch Fritz Becker, Präsident des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg, stimmt ein. „Die Apotheken können nur die Impfstoffe ausgeben, die sie bekommen. Offensichtlich scheint das Laissez-faire-System nicht zu funktionieren. Wir fordern daher eine nationale Reserve an wich­tigen Impfstoffen und anderen Arzneimitteln, in der wir etwa den Bedarf von mehreren Monaten vorhalten, die Lieferengpässe überbrücken und die hohe Import­abhängigkeit in diesem Bereich ausgleichen können.“ Umsetzen müssten dies Hersteller und Großhandel, bezahlen soll der Bund. Zudem forderte Becker einen fixen, für alle verbindlichen Zeitplan, „damit die sinnvollen Vor­bestell­phasen besser genutzt werden können“.

Dr. Norbert Metke, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Baden-Württemberg, verwies auf die interkollegiale Hilfe, die in seiner KV-Region mithilfe einer Informationsplattform stattfinde. Auch er betonte den „dringenden Handlungsbedarf“.

TSVG greift Impfstoffe auf

Und Spahn plant bereits neue Regeln. Der TSVG-Kabinettsentwurf sieht vor, dass Apotheken künftig im Rahmen regionaler Versorgungsverträge mit Krankenkassen pro Impfdosis nur noch den Einkaufspreis sowie eine Vergütung von einem Euro plus Umsatzsteuer erstattet bekommen. Diese Begrenzung soll Apotheken den Anreiz für Preisverhandlungen mit pharmazeutischen Unternehmen nehmen. Zudem sind weitere Zwangsrabatte der Hersteller auf ihre Impfstoffe geplant: Für Grippeimpfstoffe ist ein zusätzlicher Abschlag von 10% vorgesehen.

Der Bundesrat, der bereits Stellung zum TSVG genommen hat, findet die Regelung zum Apothekenabschlag geeignet, meint aber, „dass die vorgesehene Mehrfachrabattierung von Impfstoffen die bereits jetzt angespannte Liefer­situation verschärfen könnte“. Für eine gesicherte Versorgung würden stabile Rahmenbedingungen und auskömmliche Preise benötigt. Darauf hat die Bundesregierung nun in ihrer Gegenäußerung reagiert: Da sie die Ansicht der Länder teilt, dass Impfungen zu den wichtigsten Präventionsmaßnahmen zählt und Hersteller tatsächlich stabile Rahmenbedingungen benötigten, werde man das Anliegen des Bundesrats prüfen. Diese Woche Mittwoch findet die erste Beratung des TSVG im Bundestag statt. |

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