DAZ aktuell

Mehr Versicherte - weniger Arzneimittel?

Diskrepanz zwischen Vor-Ort-Apotheken und Arzneimittelversendern

Von Uwe Hüsgen | In Deutschland nimmt die Zahl der gesetzlich Versicherten von Jahr zu Jahr zu. Auch die Arzneimittelausgaben werden mehr – verbunden mit einem höheren Absatz von Packungen. Doch man stellt fest, dass die deutschen Vor-Ort-Apotheken längst nicht mehr von der Zunahme profitieren.
Foto: Imago
Der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zulasten der GKV nimmt zu. Von 2016 auf 2017 haben deutsche Vor-Ort-Apotheken weniger abgegeben.

Von 2013 bis 2016 hat sich die durchschnittliche Zahl der gesetzlich Versicherten von 69,86 Mio. Personen auf 71,40 Mio. erhöht – ein Zuwachs also um 2,2 Prozent.

Nach Zahlen von Insight Health sind in dieser Zeit die zulasten der GKV abgegebenen verschreibungspflichtigen Arzneimittel über deutsche Vor-Ort-Apotheken von 596,4 Mio. Packungen auf 609,3 Mio. gestiegen – ein Zuwachs von ebenfalls 2,2 Prozent.

Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass die Zahl der durchschnittlich in der GKV Versicherten in 2017 gegenüber dem Vorjahr um 1,15 Prozent (oder um fast 825.000) zugenommen hat. Bei den deutschen Vor-Ort-Apotheken sind dagegen die zulasten der GKV abgegebenen verschreibungspflichtigen Arzneimittel auf 606,1 Mio. Packungen (oder um mehr als 0,5 Prozent) gefallen. Rein rechnerisch hätten es aber aufgrund des Versichertenzuwachses in 2017 gut 616 Mio. Rx-FAM-Packungen sein müssen.

Das gleiche Schicksal haben die deutschen Vor-Ort-Apotheken mit den privat verordneten Arzneimitteln erlebt: Von 2013 bis 2016 ist deren Zahl an Packungen von 95,0 Mio. auf 98,3 Mio. (oder um 3,5 Prozent) gestiegen, um in 2017 auf 97,0 Mio. Packungen zu fallen; ein aktueller Rückgang also von 1,3 Prozent.

„Wenn der Staat jetzt nicht regulierend eingreift, werden nicht nur viele deutsche Vor-Ort-Apotheken für immer vom Markt verschwinden. Vielmehr wäre dann auch die flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr, nicht länger zu gewährleisten.“

Dipl.-Math. Uwe Hüsgen, Essen, langjähriger Geschäftsführer des Apothekerverbandes Nordrhein e. V.

Wenn in dem vom Bundesministerium für Wirtschaft in Auftrag gegebenen und von 2HM erstellten Honorargutachten festgestellt wird: „Der Versandhandel bei OTC und Freiwahl hat sich in den letzten 13 Jahren zu einem Marktanteil von 21 Prozent entwickelt und liegt damit über dem Niveau des Einzelhandels mit dem Online-Handel von Nicht-Lebensmitteln“, ist es wohl blauäugig – gerade nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 – anzunehmen, bei den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln würde eine ähnliche Entwicklung nicht stattfinden. Die aktuellen Zahlen sprechen jedenfalls eine ganz andere Sprache.

Versandhandel legt im zweistelligen Prozentbereich zu

So sind die GKV-Ausgaben für „Arznei- und Verbandmittel aus Versandhandel – nur vertragsärztliche Versorgung“ – jeweils in den ersten neun Monaten eines Jahres – von 272,9 Mio. Euro in 2016 auf mehr als 300,5 Mio. Euro in 2017, und damit um mehr als zehn Prozent, gestiegen.

Damit dürfte wohl unbestritten sein, dass in 2017 längst wesentlich mehr als nur zwei Prozent des Absatzes über ausländische Versandhändler „unters Volk gebracht“ worden sind. |

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