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Prisma
Verkehrte Welt
Krankheit zuerst im Labor konstruiert, dann in der Realität entdeckt
Der Bielefelder Biochemiker Thomas Dierks entdeckte bereits 2008, dass die zuvor für funktionslos gehaltene Arylsulfatase G (ASG) eine physiologische Aktivität im endoplasmatischen Retikulum verschiedener Zellen entwickelt: Das Enzym ASG – ein Glykoprotein mit einer Masse von 63 kDa – ist für den Abbau des sauren Mucopolysaccharids Heparansulfat (HS) (mit-)verantwortlich. Wenn die ASG fehlt oder wenn sie durch eine funktionslose Mutante ersetzt ist, speichern die Lysosomen immer mehr HS und werden entsprechend größer, bis sie die Zelle zerstören. Bei Mäusen tritt dieser Effekt ziemlich schnell ein, bei Menschen jedoch erst im Alter von etwa 40 Jahren, weil vermutlich andere Arylsulfatasen den ASG-Mangel teilweise kompensieren.
Ein angeborener ASG-Gendefekt, der zum Austausch einer Aminosäure im katalytischen Zentrum des Enzyms führt, wurde nun bei fünf Israelis gefunden, deren Vorfahren aus dem Jemen stammen, d. h. dass sie weitläufig miteinander verwandt sind. Geschädigt und zerstört werden bei ihnen insbesondere die Sinneszellen in der Netzhaut und im Innenohr, sodass sie einen allmählichen Seh- und Hörverlust erleiden. Dieses Krankheitsbild heißt Usher-Syndrom.
Obwohl bisher nur fünf Patienten mit ASG-Gendefekt identifiziert wurden, sind wahrscheinlich viele Patienten mit einem Usher-Syndrom rätselhafter Genese davon betroffen. |
Quelle
Khateb S et al. A homozygous founder missense variant in arylsulfatase G abolishes its enzymatic activity causing atypical Usher syndrome in humans. Genet Med; Epub 4.1.2018
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