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„Datenklau“-Prozess: Eine brisante Mail und keine Erinnerungen
Rechtsgespräch: Gericht hält Straftatbestand für erfüllt – Verteidiger regen Einstellung an
Bei der Sitzung am 23. März gab der Vorsitzende Richter eine erste vorläufige rechtliche Einschätzung der 1. Strafkammer zum Fall ab. Dabei schickte er voraus, dass der Straftatbestand des Ausspähens von Daten (202a StGB) bei Gericht „nicht gang und gäbe“ sei und auch noch keine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu bestehe. Dennoch müssten die Angeklagten damit rechnen, dass die Kammer ihn hier bejahen wird. Allerdings nur, soweit persönliche Postfächer betroffen sind. Konkret geht es um drei der insgesamt 40 angeklagten Fälle, bei denen die E-Mail-Postfächer von verschiedenen Ministerialbeamten und Staatssekretären ausgespäht worden sein sollen. Die anderen Fälle betreffen Referats-Postfächer. Bei diesen spreche viel dafür, dass der Tatbestand nicht erfüllt sei, so der Vorsitzende. Denn dafür müsste eine „Zugangssicherung“ überwunden worden sein, die es für die IT-Administratoren nicht gab. Hier sei eine Verfahrenseinstellung denkbar – wobei man die Taten pauschal berücksichtigen könnte, wenn es am Ende um die Höhe der Strafe geht. Den zusätzlich angeklagten Straftatbestand nach dem Bundesdatenschutzgesetz hält das Gericht ebenfalls für „möglicherweise erfüllt“.
Verteidiger für Verständigung
Bellartz’ Anwalt Prof. Dr. Carsten Wegner regte eine Verständigung an. Er verwies auf die lange Verfahrensdauer. Auch deshalb könne er sich eine „Einstellung nach § 153a StPO vorstellen“ – also gegen Weisungen oder Auflagen, etwa eine Geldzahlung. Voraussetzung ist bei einer solchen Verfahrenseinstellung unter anderem, dass es sich um kein besonders schweres Delikt, sondern nur um ein Vergehen handelt und dass alle Prozessbeteiligten sich einig sind. H.’s Verteidiger wären dabei. Der Staatsanwalt erklärte, er werde diese Anregung weiterleiten und besprechen, stellte aber keine Zustimmung in Aussicht.
Eine brisante E-Mail
Zuvor hatte Linda H. als Zeugin ausgesagt, die seit Sommer 2011 für El Pato arbeitet und zwischendurch auch für Bellartz’ Kommunikationsagentur Neuspree Media tätig war. Seit Anfang dieses Jahres ist sie Leiterin für Personal und Finanzen bei El Pato, zuvor Office Managerin. „Ich arbeite gerne bei El Pato“, erklärte sie. Von Transaktionen im Zusammenhang mit dem angeklagten Datendiebstahl will sie nichts gewusst haben. Sie habe insbesondere keine Umschläge als Botin übergeben. Der Richter verlas erneut eine SMS, die Bellartz an eine bereits als Zeugin befragte ABDA-Mitarbeiterin geschrieben hatte. Danach sollte „Linda“ besagter ABDA-Mitarbeiterin einen „US“ zukommen lassen – vermutlich einen „Umschlag“, wie die Polizei aus den vorherigen SMS schloss. Linda H. wusste auch damit nichts anzufangen. Zudem konfrontierte der Vorsitzende die Zeugin mit einer E-Mail von Bellartz an seine El Pato-Kollegen Hollstein und Hinkelbein aus dem Juli 2011. Darin hieß es, es sei wieder ein Paket „mit vertraulichen Infos“ angekommen. Man solle bitte 600 Euro abheben und den „Umschlag versus Geld“ tauschen. Diese Übergabe solle am besten durch „Corina oder Linda“ erfolgen. Sie sollten anonym einen „Typen“ unter einer angegebenen Handynummer anrufen und eine Übergabe am Berliner Ensemble vereinbaren. Aber auch hier erklärte die Zeugin Linda H.: „Das sagt mir alles nichts.“ Mit Übergaben habe sie nie etwas zu tun gehabt.
Bellartz redet – über Geld
Als der Vorsitzende Richter die Zeugin zu Bellartz’ Einkünften befragen wollte, intervenierte dessen Verteidiger: Auch die Zeugin erklärte, sie fühle sich „unwohl“, wenn sie so vertrauliche Informationen preisgeben müsse. Stattdessen äußerte sich Bellartz selbst – zum ersten Mal seit Prozessbeginn. Er erklärte er, dass er derzeit ein monatliches Bruttogehalt von 12.500 Euro als Geschäftsführer bei El Pato beziehe, weitere 2500 Euro als Neuspree Media-Geschäftsführer. In seiner Zeit als ABDA-Angestellter habe er ebenfalls „um die 12.000 Euro brutto“ im Monat verdient. Zwischenzeitlich – nach der Berichterstattung über die Ermittlungen gegen ihn im Dezember 2012 – habe er allerdings auf Einkünfte verzichten müssen. Nach drei Durstjahren sei es bei Apotheke Adhoc jedoch wieder bergauf gegangen.
Am 10. April wird weiter verhandelt. Als Zeuge geladen ist unter anderem ABDA-Geschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz. |
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