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Schwere Vorwürfe gegen Ermittler
Mehr als 1000 neue E-Mails im „Datenklau“-Prozess – Anwälte beantragen Verfahrensaussetzung
Der Prozess vor dem Berliner Landgericht um mutmaßlich im Bundesgesundheitsministerium (BMG) ausgespähte Daten geht vorläufig ohne Zeugenvernehmungen weiter. Die Verteidiger der beiden Angeklagten verlasen zum Termin am 4. Mai allerdings einige Schriftsätze und Anträge. Darin kritisierten sie insbesondere die Art und Weise der polizeilichen und staatsanwaltlichen Ermittlungen. Schon zuvor hatte sich gezeigt, dass offenbar nicht jeder E-Mail-Verkehr des leitenden Ermittlers zu diesem Verfahren den Weg in die Gerichtsakten gefunden hatte. Mittlerweile hat der Kriminaloberkommissar, der bereits zwei Mal als Zeuge geladen war, zahlreiche Daten nachgereicht. H.’s Anwalt Nikolai Venn sprach von 1034 E-Mails, zumeist mit einem oder auch mehreren Anhängen. Es sei der Verteidigung nicht zuzumuten, sich in so kurzer Zeit durch all diese hindurchzuklicken. Dabei gebe es hier Kommunikationen, die schon in der Betreffzeile Interesse wecken – etwa: „Grüße von der dunklen Seite der Macht“. Dahinter soll ein E-Mail-Verkehr zwischen BMG und dem leitenden Ermittler stecken. Ohnehin werde das „häppchenweise Zurverfügungstellen“ von relevanten Daten dem Recht auf rechtliches Gehör nicht gerecht und laufe dem Gebot der Verfahrensfairness zuwider, so Venn. Auch sei nicht klar, ob nun wirklich alle Daten, die für das Verfahren geschaffen wurden, vorliegen, oder ob nach wie vor etwas fehlt.
Infos gezielt zurückgehalten?
Auch Prof. Carsten Wegner, Verteidiger von Bellartz, ist überzeugt: Angesichts dieser Ermittlungen werde das Gericht nicht an einer Aussetzung des Verfahrens vorbeikommen. Er zitierte aus einigen der nun nachgereichten E-Mails. So habe es eine „eigenwillige Kommunikation“ zwischen dem leitenden Ermittler und der Staatsanwaltschaft und auch dem BMG gegeben. Dabei sei es unter anderem um Ermittlungen in Richtung ABDA gegangen, um Hintergrundinformationen, die laut Wegner offenbar „zielgerichtet“ aus der Verfahrensakte rausgehalten wurden. Wegner hält hier eine genauere Analyse für notwendig.
Eine Entscheidung über die Aussetzungsanträge hat das Gericht noch nicht gefällt. Zuerst bat es den Staatsanwalt um eine „eingehende Stellungnahme“.
Weiterhin nahmen die Verteidiger Stellung zur Zeugenaussage eines früheren BMG-Beamten, der Ende April einzelne bei Bellartz sichergestellte Dokumente auf ihre Relevanz bewertet hatte. Aus Anwaltssicht allerdings ohne Gewinn. Wegner zeigte sich geradezu erzürnt: „Die aufgeblasene Grundhaltung der BMG-Beamten nervt mehr und mehr“, so der Anwalt. Auch dass die Staatsanwaltschaft noch immer nicht anerkenne, dass es in ihren eigenen Reihen Durchstechereien an die Presse gebe, sei für ihn eine „Schweinerei“. Er könne nur wiederholen: Bei Bellartz seien keine elektronischen Daten sichergestellt worden, die dem BMG zugeordnet werden könnten. Es erschließe sich daher nicht, worauf eine Verurteilung gestützt werden solle. Last not least beantragte Wegner, das Verfahren gegen Bellartz von dem gegen H. abzutrennen. Der Prozess wird am 29. Mai fortgesetzt. |
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