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Arzneimittel und Therapie
Leitlinie nimmt Ernährung ins Visier
Bei Colitis ulcerosa auf Nährstoffmangel achten
Colitis ulcerosa (CU) ist eine chronisch entzündliche, in Schüben verlaufende Darmerkrankung, an der in Deutschland etwa 150.000 Menschen erkrankt sind. Trotz des relativ hohen Bekanntheitsgrads der Erkrankung dauert es oft lange, bis die korrekte Diagnose gestellt wird. Da die Krankheit meist im jungen Erwachsenenalter, gelegentlich aber auch bereits in der Kindheit auftritt und nicht heilbar ist, wäre eine wirksame Prävention von großer Bedeutung. Die Inzidenz der Colitis ulcerosa nahm in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts deutlich zu, ist in Industrieländern höher als in Entwicklungsländern und bei Städtern höher als bei der Landbevölkerung. Dies führte zu der Theorie, dass die veränderten Hygienebedingungen und modernen Ernährungsgewohnheiten zur Pathogenese beitragen. Retrospektive Studien deuteten darauf hin, dass der vermehrte Verzehr von raffiniertem Zucker und tierischen Fetten in Kombination mit einer verringerten Ballaststoff-Aufnahme die Häufigkeitszunahme verursachte.
Stillen zur Prävention
Der Einfluss der Ernährung scheint jedoch überschätzt worden zu sein: In systematischen Reviews konnte kein Zusammenhang zwischen bestimmten Ernährungsformen und der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Colitis ulcerosa gezeigt werden. Einzige wirksame Prävention im Hinblick auf die Ernährung ist das Stillen: Kinder, die mindestens sechs Monate lang gestillt wurden, haben ein um 23% reduziertes späteres Erkrankungsrisiko gegenüber Kindern, die nicht oder nur kurz gestillt wurden.
Gezielt supplementieren
Aufgrund der Schädigung der intestinalen Schleimhaut und der rezidivierenden Diarrhoen haben CU-Patienten im Vergleich zu Gesunden ein fünffach erhöhtes Risiko, eine Mangelernährung zu entwickeln. Vor allem bei betroffenen Kindern besteht die Gefahr einer Wachstumsretardierung infolge einer CU-bedingten Mangelernährung. Aber auch bei Erwachsenen führt eine insuffiziente Ernährung – insbesondere ein Proteinmangel – zu Komplikationen wie eingeschränkter Immunkompetenz, verzögerter Wundheilung und verlängerter Rekonvaleszenz. Daher empfiehlt die Leitlinie, Patienten mit Colitis ulcerosa bei Diagnosestellung und regelmäßig im Krankheitsverlauf auf Anzeichen einer Mangelernährung zu untersuchen.
Auch in Bezug auf die Mikronährstoffversorgung sind CU-Patienten gefährdet. Besonders häufig treten Unterversorgungen mit Eisen (30-70%), Vitamin D (40-60%), Folsäure (5-10%), Zink (20-30%) und Selen (20-30%) auf. Ein Vitamin-B12-Mangel ist dagegen nur nach Anlage eines ileoanalen Pouches (IAP) beschrieben. Als Ursachen werden eine verminderte Resorptionsleistung und eine bakterielle Fehlbesiedlung diskutiert. Nährstoffdefizite sollten nach entsprechender Diagnostik gezielt supplementiert werden. Eine generelle Supplementation mit Vitaminen oder Spurenelementen ist nicht sinnvoll.
Während eine enterale oder parenterale Ernährungstherapie bei Morbus Crohn in akuten Schüben als therapeutische Maßnahme zur Remissionsinduktion eingesetzt wird, ist dieses Vorgehen bei Colitis ulcerosa wenig belegt. Stattdessen ist die enterale Ernährung hier als Supportivmaßnahme anzusehen, um in einer akuten Krankheitsphase eine adäquate Nährstoffzufuhr zu gewährleisten. Besonders der Proteinbedarf ist erhöht. Spezielle Diätformen, z. B. mit Omega-3-Fettsäuren angereicherte Supplementnahrungen, werden mangels Evidenz nicht generell empfohlen. |
Quelle
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Colitis ulcerosa“. Stand Mai 2018. AWMF-Registernummer: 021-009
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