Prisma

Genregulation in Herzmuskelzellen

Epigenetische Mechanismen wandeln sich mit dem Lebensalter

cae | Die Genexpression der Herzmuskelzellen von Föten, Kleinkindern, gesunden Erwachsenen und Patienten mit Herzinsuffizienz unterscheidet sich erheblich. Pharmakologen in Freiburg haben nun eine Übersicht aller daran beteiligten Genregulatoren vorgelegt.

Die meisten Herzmuskelzellen haben bei Kindern einen diploiden, bei Erwachsenen jedoch einen tetraploiden Chromosomensatz; herzinsuffiziente Erwachsene weisen außerdem einen besonders hohen Anteil von Zellkernen mit polyploidem Chromosomensatz auf. Im Erwachsenenalter teilen sich Herzmuskelzellen nicht mehr, ­Änderungen der Genexpression treten jetzt vor allem im Zusammenhang mit Herzerkrankungen auf. Da das Genom der Zellen unverändert bleibt, sind allein epigenetische Mechanismen für die Reifung und Differenzierung der Zellen verantwortlich.

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Die Herzschwäche beruht auf Fehlfunktionen von Herzmuskel­zellen, die wiederum epigenetisch begründet sind.

Ein Team um Ralf Gilsbach und Lutz Hein am Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Universität Freiburg isolierte Zellkerne von Kardiomyozyten, die vom Gewebe der linken Herzkammer verschieden alter Personen stammten: Es waren Föten der 16. bis 23. Schwangerschaftswoche, Kleinkinder unter einem Jahr, herzgesunde Erwachsene im Alter von 45 bis 59 Jahren und schwer herzkranke Patienten, deren linksven­trikuläre Ejektionsfraktion nur noch bei 19% der Norm lag, im Alter von 55 bis 62 Jahren. Danach untersuchte das Team die jeweilige Genexpression und die für die Unterschiede verantwort­lichen epigenetischen Faktoren.

Insgesamt gibt es bei Kardiomyozyten etwa 100.000 „Genschalter“, die in Netzwerken zusammenwirken. Die Autoren haben sie alle in ihre Analyse einbezogen und die für die Reifung und Degeneration wesentlichen Faktoren identifiziert, doch an dieser Stelle soll nur ein übergeordnetes Merkmal in der Kardiomyozyten-Epigenetik ­genannt werden: Bei der Reifung von der pränatalen zur erwachsenen Zelle ändern sich sowohl die Methylierungsmuster der CpG-Inseln der DNA, die für das An- und Ausschalten der Transkriptionsfaktoren entscheidend sind, als auch die Modifikationen der Histone (v. a. durch Methyl- und Acetylgruppen), die die Struktur des Chromatinfadens ändern und dadurch ebenfalls die Genexpression beeinflussen. Für die Degeneration der gesunden Zellen zu kranken Zellen sind jedoch ausschließlich Histon-Modifikationen verantwortlich.

Die Autoren hoffen, durch weiter­führende Untersuchungen einige Genschalter zu identifizieren, die als Zielstrukturen für eine künftige Therapie der Herzinsuffizienz genutzt werden könnten. |

Quelle

Gilsbach R et al. Distinct epigenetic programs regulate cardiac myocyte development and disease in the human heart in vivo. Nature Commun 2018;9:art no 391

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