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Die Seite 3
Neue Runde
Gesundheitsminister Spahn hat seine sozialrechtliche Minimalvariante der Gleichpreisigkeit durch das Kabinett gebracht und die ABDA-Spitze hat dies akzeptiert. Damit wird die Preisbindung von der einstmals tragenden Säule des Apothekensystems zum bröselnden Unterbau. Der kann von außen durch die EU oder im Inland durch den Wegfall der Preisbindung für Selbstzahler untergraben werden. Bis dahin brauchen wir ein ganz neues Honorarsystem. Darum müssen die Pläne für diese neue Reformrunde jetzt beginnen.
Die bisherige Grundregel, vorrangig die Struktur zu erhalten, läuft nun ins Leere. Darum darf jetzt die wichtigste Forderung betont werden: Die Apotheken brauchen sehr viel mehr Geld! Denn die typische Apotheke ist chronisch unterfinanziert. Das Geld reicht für den laufenden Betrieb, aber nicht für zukunftsorientierte Investitionen und nicht für Gehälter, die junge Apotheker und PTA in die Apotheken locken. Apotheken schließen nicht, weil sie plötzlich unrentabel werden. Sie bleiben erhalten, solange ein Mietvertrag zu erfüllen ist oder der Inhaber auf seine Rente wartet. Doch das Geld für Umbauten oder Sanierungen und erst recht für Investitionen in die Digitalisierung fehlt. Entscheidend wird die Suche nach jungen Inhabern und Mitarbeitern. Christoph Gulde, Vizepräsident des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg, hat in der Mitgliederversammlung des Verbandes deutlich gemacht, dass Erzieherinnen pro Monat gut 700 Euro mehr Einstiegsgehalt erhalten als PTA (siehe Seite 62). Das lässt sich fortsetzen: Studienräte bekommen als Einstieg in vielen Bundesländern 400 bis 600 Euro mehr pro Monat als Apotheker. Um bei den Gehältern zu vergleichbaren Berufen aufzuschließen, brauchen die Apotheken rund eine Milliarde Euro als Nachschlag, für die künftige Konkurrenz um den knappen Nachwuchs noch mehr.
Die oft erwähnten Landapotheken sind nur die Spitze des Eisbergs. Die kann man zumindest mittelfristig mit ein paar hundert Millionen Euro pro Jahr erhalten. Doch es geht um das System als Ganzes und damit um Milliarden Euro. Dieses Geld ist da. Denn erst die Apotheken ermöglichen Rabattverträge, mit denen die Krankenkassen jährlich über vier Milliarden Euro sparen. Schon die Hälfte davon böte den Apotheken eine aussichtsreiche Zukunftsperspektive. Bisher haben sie daran aber keinen Anteil, sondern nur viel Mühe mit den Rabattverträgen.
Die herausragenden Apotheken, die mit besonderen Leistungen oder an außergewöhnlichen Standorten wirtschaftlich gut dastehen, können die Versorgung nicht flächendeckend sichern. Diese Ausnahmen trüben den Blick für die Regel: Wenn die typischen Apotheken nicht mehr investieren können und kein Personal mehr finden, wird das Prinzip Apotheke in seinem Kern angegriffen. Wenn keiner mehr da ist, der die Arbeit macht, werden sogar die Apotheker den Versand herbeiwünschen.
Bis dahin bleibt das langsame Sterben der Apotheken für die Politik bequem. Wenn die Folgen offensichtlich werden, ist längst der Nachfolger im Amt und es regiert wahrscheinlich eine andere Partei. Doch dann ist es für Gegenmaßnahmen zu spät. Die sind jetzt nötig. Die Politik muss jetzt beantworten, ob ihr die bewährte persönliche Arzneimittelversorgung vor Ort ein zeitgemäßes Honorar wert ist. Wenn ja, wird sich auch ein zukunftstaugliches Honorarsystem finden lassen. Die nächste Reformrunde ist eröffnet!
Thomas Müller-Bohn
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