Arzneimittel und Therapie

Vitamin C enttäuscht bei Sepsis

Hochdosis-Therapie kann Organfunktion nicht verbessern

Frühere Untersuchungen ließen auf einen positiven Effekt von Vit­amin‑C-Infusionen bei Patienten mit Sepsis hoffen. Doch der Nutzen bleibt umstritten. Eine aktuelle Studie liefert keine Belege für die Wirksamkeit einer Hochdosis­Therapie.

Vitamin-C-Plasmaspiegel lassen sich aufgrund homöostatischer Regelmechanismen nur in begrenztem Maße durch eine orale Zufuhr steigern. Intra­venöse Applikationen können hingegen kurzfristig deutlich erhöhte Spiegel herbeiführen, was neben nahe­liegenden Indikationen – beispielsweise Mangelzuständen, die ernährungsmäßig nicht behoben oder nicht oral substituiert werden können – zumindest theoretisch weitere Anwendungsgebiete eröffnet. Für diese liegen bisher größtenteils jedoch nur unzureichende Daten vor [1].

In der CITIRS-ALI-Studie [2] wurde nun der Einfluss von Vitamin-C-Infusionen (50 mg/kg Körpergewicht) bei Sepsis-Patienten mit schwerem akutem Lungen­versagen (acute respiratory distress syndrome, ARDS) untersucht. Vitamin-C-Defizite werden bei Sepsis-Patienten gehäuft festgestellt [3].

Foto: Olga Galushko – stock.adobe.com

167 Patienten, bei denen Sepsis und ARDS innerhalb der vorangegangenen 24 Stunden aufge­treten waren, wurden randomisiert Vitamin-C- oder Placebo-Infusionen in Intervallen von sechs Stunden über vier Tage zugeteilt. Primäre Parameter zur Beurteilung des Behandlungseffektes waren das Organver­sagen mittels „modified Sequen­tial Organ Failure Assessment Score“ sowie Biomarker für Entzündung (C‑reaktives Protein, CRP) und Gefäßverletzung (Thrombomodulin). Daneben wurden 46 sekundäre Parameter ausgewertet, darunter krankenhausfreie Tage bis zu Tag 60 nach Studien­einschluss. Von 167 Patienten komplettierten 103 die Studie bis zu Tag 60.

Multiple Vergleiche mit Tücken

Je mehr Hypothesen getestet werden, umso größer ist die Gefahr, dass eine davon als richtig an­genommen wird, obwohl sie in Wirklichkeit falsch ist (Alphafehler-Kumulierung). Testet man mehrere unabhängige Parameter (Hypothesen) innerhalb eines Daten­satzes, so muss zur Neutralisierung dieser Alphafehler-Kumulierung die statistische Signifikanz an die Anzahl der Vergleiche angepasst werden. Bei 46 Parametern würde somit eine statistische Signifikanz nicht bei p = 0,05, sondern beispielsweise nach Durchführung einer „Bonferroni-Korrektur“ erst ab p ≤ 0,05/46, d. h. p = 0,001 erreicht.

Kaum Unterschiede zu Placebo

In der statistischen Analyse ergaben sich keine Unterschiede in den Primärparametern Organscore 96 Stunden nach Therapiebeginn (Verbes­serung um 3 vs. 3,5 Punkte für Vitamin C vs. Placebo, p = 0,86) sowie Biomarkern 168 Stunden nach Beginn der Intervention (CRP: 54,1 vs. 46,1 µg/ml, p = 0,33; Thrombomodulin: 14,5 vs. 13,8 µg/ml, p = 0,70). Darüber hinaus wurden in 43 der 46 Sekundärparameter keine signifikanten Unterschiede festgestellt. Unterschiede zugunsten des Vitamin-C­Studienarms wurden in einer explorativen Analyse für die Parameter Mortalität bis Tag 28 (p = 0,03), die Anzahl der krankenhausfreien (p = 0,04) sowie intensivstationsfreien Tage bis Tag 28 (p = 0,03) gefunden. Die Aussagekraft dieser Erkenntnisse ist durch das multi­ple Testen bei fehlender Adjustierung des Signifikanzniveaus jedoch stark eingeschränkt (s. Kasten). Basierend auf den Daten dieser Studie kann somit keine Empfehlung für eine hochdosierte Vitamin-C-Therapie bei Sepsis-Patienten mit schwerem akutem Lungen­versagen abge­leitet werden. |

Literatur

[1] Podlogar J. Vitamin C hochdosiert. DAZ 2018, Nr. 31, S. 38

[2] Fowler AA et al. Effect of Vitamin C infusion on Organ Failure and Biomarkers of Inflammation and Vascular Injury in ­Patients with Sepsis and Severe Acute ­Respiratory Failure: The CITRIS-ALI Randomized Clinical Trial. JAMA 2019;322(13):1261-1270

[3] Brant EB, Angus DC. Is High-Dose Vitamin C Beneficial for Patients With ­Sepsis? JAMA 2019;322(13):1257-1258

Apotheker Dr. Peter Meiser

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