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Gesundheitspolitik
Der Apotheken-Ökonom: Corona Allmächtig – ein Rückblick auf 2020
Kein Zweifel – ohne Corona kommt kein Jahresrückblick aus oder anders gesagt: Corona dominierte das Jahr 2020 in einer beängstigenden Art und Weise. Gerade jetzt an der Schnittstelle zum nächsten Jahr sind die Einschnitte durch das Virus besonders groß und das Thema allgegenwärtig. Die Apotheken sind durch den Ausbruch der Pandemie in einer ihre Kompetenz zeigenden Art in den Fokus vieler Bundesbürger gerückt und der Begriff der Systemrelevanz, der zuvor nicht im allgemeinen Wortschatz der Deutschen verankert war und nun die Runde machte, wurde von der überwiegenden Mehrheit auch den Apotheken zugeschrieben. Das war und bleibt richtig, stellt aber auch eine immense Herausforderung dar, sodass die kleinteilige Apothekenlandschaft den Anforderungen von Politik und Gesellschaft gerecht werden muss. Sobald der Impfstoff signifikant vorhanden ist und Verteilung sowie Verabreichung auch im niedergelassenen Bereich ansteht und – was bereits angelaufen ist – Masken in entsprechender Stückzahl vorgehalten und abgegeben werden müssen/dürfen, wird sich die Krisentauglichkeit dieser Strategie zeigen und bewähren.
Drei Wahlen standen am Ende des Jahres an und im Vorfeld war immer wieder zu lesen, dass gerade die mangelnde Wahl bei den Wahlen moniert wurde. Das verwundert sehr, da dies systemimmanent ist. Die Satzungen und Wahlordnungen des Apothekerstandes sehen eben nur die Wahl des Establishments vor, dies kurz vor der Wahl zu bemängeln, ist doppelzüngig. Man muss erst in den Bundesländern zu Ehren kommen, bis man auf Bundesebene einen der Chefposten gewinnen kann. Dass dann kaum Kampfkandidaturen entstehen, liegt auf der Hand, da man nach der Wahl wie vor der Wahl mit den vermeintlichen Kontrahenten weiterarbeiten muss und auch weiterarbeiten möchte. Die bisherigen Amtsinhaber waren mindestens zwei Perioden im Amt und man muss ihnen Respekt zollen, neben ihrer unternehmerischen Aufgabe sich in den Dienst der apothekerlichen Sache gestellt zu haben. Dies ist in Zeiten von Verteilungskämpfen alles andere als einfach und all jene, die kein Amt innehaben, wissen es allzu oft besser, kennen aber ggf. nicht alle Hintergründe. Ob Schmidt, Becker oder Kiefer – allen dreien war eine eher defensive Haltung der Politik gegenüber zu eigen. So waren die Rufe laut, die proklamierten, dass man hätte mehr erreichen müssen oder können, vielleicht hat man aber gerade mit dieser Politik das maximal Mögliche erreicht? Auch von außerhalb der Apothekerschaft muss man derlei Engagement würdigen und Dank zurufen, dass in disruptiven Märkten Augenmaß und Konsequenz bewahrt wurde. Mit Gabriele Regina Overwiening (Ostwestfalen-Lippe), Thomas Dittrich (Sachsen) und Thomas Benkert (Bayern) folgen erfahrene Ehrenämtler. Sie kennen das Geschäft lange genug, um einen eigenen evolutionären Kurs zu verfolgen. Ob die Haltung des Apothekerstandes gegenüber der Politik offensiver wird, bleibt abzuwarten, ob der bisweilen als Closed Shop anmutende Kreis mehr Offenheit gegenüber den Apothekerinnen und Apothekern zulässt, deutet sich in den Ankündigungen an, aber auch Offenheit muss von beiden Seiten gelebt werden. Das Angebot ist das eine, die Nachfrage das andere. Die dann Gerufenen tun gut daran, nicht nur Kritik zu äußern, und wären gut beraten, nicht annehmen zu wollen, dass die eigenen Vorschläge samt und sonders übernommen werden (können). Den drei neuen Etablierten gelten nun die Sympathie und die guten Wünsche für eine jeweils gelungene erste Amtszeit.
Dass ein Abrechnungsdienst insolvent gehen kann, hat viele verwundert, und dass Aufsichten offensichtlich schlafen können, weiß man nun auch. Die AvP meldete Insolvenz an, das kam überraschend, was – wie sich im Nachgang herausstellte – aber nicht hätte überraschen dürfen. Die Signale gab es, diese wurden aber nicht gesehen, gelesen, vielleicht wurde aber auch weggeschaut oder nur missinterpretiert, bis es nicht mehr anders ging. Auch dieser Umstand hat die Apothekerinnen und Apotheker in die Schlagzeilen gebracht, worauf man hätte verzichten können. Bleibt zu hoffen, dass alle ihr Geld in voller Höhe zurückbekommen.
Die Einführung des E-Rezepts steht vor der Tür, aber so richtig Fahrt scheint die Thematik nicht aufnehmen zu wollen, warum auch immer. Der Brandbeschleuniger Corona leistet der Digitalisierung an sich Vorschub. Umso erstaunlicher, dass außerhalb der Fachkreise so wenig zum Thema zu hören ist. So wird man sehen, ob und wann die flächendeckende Einführung des E-Rezeptes gelingt. Es bleibt spannend. Und an der Gesetzesfront bekamen die Apotheken das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz, was schon semantisch einem Husarenstreich gleichkommt. Der die Apotheken stark reglementierende Staat meint also, dass die Apotheken zu stärken seien. Ja warum hat er es nicht schon lange gemacht? Ansatzpunkte und Ideen seitens der Apotheken gab es viele. Und nun legt dieser Staat ein Gesetz vor, an dem viele zweifeln, ob es sich unterm Strich tatsächlich um eine Stärkung handelt. Nun gehört es zum Klappern vor Gesetzesverkündungen dazu, nicht alles gutzuheißen, was ggf. doch als gar nicht schlecht empfunden wird. Gerade durch die neuen Rollenverteilungen sollten die Apothekerinnen und Apotheker an den kniffligen Themen wie Gleichpreisigkeit, Versandverbot usw. weiterarbeiten und hartnäckig bleiben.
Das Jahr 2021 wird eine Wundertüte, weder weiß man, ob und wie schnell sich die Pandemie beherrschen lässt noch was dann jeweils die neue Normalität sein und was dies für Deutschland und die deutschen Apotheken heißen wird. Für 2020 kann aber konstatiert werden: Es war ein besonderes Jahr, eines, in dem sich die Apotheken als das erwiesen haben, was sie auch davor schon immer waren: systemrelevant. |
Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de
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