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„Medikamente sind keine Hemden oder Hosen“
Apothekenkunden können dort OTC-Präparate und andere Produkte (vor-)bestellen. Markant an der Website ist: Im großen Suchfeld sollen keine Produktnamen eingegeben werden, sondern die Adresse des jeweiligen Nutzers, um die nächste Vor-Ort-Apotheke finden zu können. Das entspricht dem Geist des „Zukunftspaktes“ und natürlich auch dem Genossenschaftscharakter von Noweda. Die Plattform ia.de ist also bisher nicht darauf ausgelegt, die Kunden mit ihren Wünschen gezielt in die Apotheke zu lenken, die der Anfrage am besten entsprechen kann. Wir haben uns mit Noweda-Chef Dr. Michael P. Kuck darüber unterhalten, wie er zu den Themen „Verfügbarkeitsabfragen“ und „Preisvergleiche“ steht und ob solche Funktionen auf ia.de in Zukunft geplant sind.
DAZ: Herr Dr. Kuck, halten Sie eine Verfügbarkeitsabfrage der Kunden bei den Vor-Ort-Apotheken im Bereich OTC und Rx prinzipiell für sinnvoll?
Kuck: Aus Verbraucherperspektive klingt eine Verfügbarkeitsabfrage zunächst einmal grundsätzlich attraktiv, zum Beispiel um unnötige Wege zu vermeiden. Die Frage ist allerdings, ob diese Funktion in einem Markt, der ohnehin auf maximale Verfügbarkeit ausgerichtet ist, einen echten Mehrwert für die Kunden und die stationären Apotheken bietet. Denn durch die Anbindung an den vollversorgenden pharmazeutischen Großhandel sind grundsätzlich deutlich mehr Arzneimittel sehr schnell verfügbar als die Apotheke selbst auf Lager hat. Das Bild, das der Verbraucher erhalten würde, entspräche somit nicht der realen Verfügbarkeit. Eine Scheintransparenz, wenn Sie so wollen, die nicht die tatsächliche, schnelle Verfügbarkeit im Hintergrund berücksichtigt. Nehmen Sie zum Beispiel uns als Noweda: Viele unserer Leistungen spielen eher hinter den Kulissen und sind der breiten Bevölkerung unbekannt. Dennoch machen wir „Same Day Delivery“ seit 1939.
DAZ: Wie sollte das Ihrer Meinung nach im Rx-Bereich gelöst werden, wo die Patienten über ärztliche Verordnungen verfügen, bei denen es ggf. zum Austausch kommen kann, z. B. aufgrund der Rabattverträge?
Damit sprechen Sie einen weiteren wichtigen Punkt an, der die Sinnhaftigkeit einer Verfügbarkeitsanfrage in der Praxis infrage stellt. Denken Sie nur an die Herausforderung durch die Rabattverträge, oder an die Problematik, die mit den stetig zunehmenden Lieferengpässen einhergeht. Täglich engagieren sich mehrere tausend Apothekerinnen und Apotheker dafür, in enger Zusammenarbeit mit behandelnden Ärzten und durch Aufklärungsarbeit gegenüber den Patienten das ideale Alternativpräparat zu finden. Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Ein chronisch kranker Patient verlässt die Arztpraxis, möchte sein E-Rezept einlösen und bekommt die Information, dass die Medikamente in keiner Apotheke in seiner Nähe verfügbar sind. Darin sehe ich eine enorme Gefahr. Außerdem käme eine neue Welle der Aufklärungsarbeit auf die Apotheken zu. Zusammengefasst schwächen wir dadurch eher die sehr gut eingespielte Choreografie zwischen Vor-Ort-Apotheke und pharmazeutischem Großhandel zulasten der Patienten.
DAZ: Sollte es eine Verfügbarkeitsabfrage für Kunden und Patienten auf höherer Handelsebene, also beim pharmazeutischen Großhandel, geben?
Kuck: Unabhängig davon, dass ich mir das technisch sehr aufwendig vorstelle, ist das Problem letztlich dasselbe: Der Patient bekommt eine Information, die ihn unter Umständen verunsichert, weil er nicht weiß, dass seine Apotheke vor Ort in Rücksprache mit dem Arzt eine Alternative finden kann. Wir sollten aufpassen, dass wir den Patienten nicht zu viel zumuten.
DAZ: Sollte ein Preisvergleich im Apothekenbereich eine über- oder untergeordnete Rolle besitzen?
Kuck: Preisvergleiche im Arzneimittelsektor halte ich grundsätzlich für schwierig. Auch hier gilt: Arzneimittel sind Waren der besonderen Art. Medikamente sind keine Hemden oder Hosen. Meines Erachtens würden Preisvergleiche in diesem sensiblen Segment einen Preiskampf anheizen, der auf Strecke weder den Apotheken noch den Patienten nützt.
DAZ: Herr Dr. Kuck, vielen Dank für das Gespräch. |
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