DAZ aktuell

Eine neue Aufgabe für die Apotheken

Ergänzung von Impfausweisen / Erweiterte Prüfpflichten / Bei Fälschung droht Haft

cm/jb | Nach dem Willen der Großen Koalition sollen Apothekerinnen und Apotheker künftig Ergänzungen am Impfausweis vornehmen dürfen, wenn ein entsprechender Nachweis vorliegt. Diese Absicht ist nicht neu - bereits Ende April 2021 wurde bekannt, dass die Regierungsfraktionen entsprechende Änderungen im Infektionsschutzgesetz planen. Nun sollen die neuen Regeln, die bisher im Entwurf vorliegen, deutlich nachgeschärft werden. Unter anderem ist vorgesehen, dass Apotheken nur dann eine COVID-19-Impfung nachtragen dürfen, wenn diese in derselben oder einer umliegenden Gemeinde erfolgt ist. Fälscher werden mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft.
Foto: imago images/Sven Simon

Mittels „grünem Impfzertifikat“ sollen Bürgerinnen und Bürger der EU künftig nachweisen können, dass sie gegen COVID-19 geimpft sind. Die Apotheken in Deutschland sollen nach den Vorstellungen der Großen Koalition zukünftig bei Vorlage eines entsprechenden Impfnachweises ein solches Zertifikat ausstellen dürfen.

Auf die Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland kommt wohl schon bald eine neue Aufgabe zu: Sie sollen Impfausweise ergänzen dürfen, wenn ein entsprechender Nachweis über eine erfolgte Immunisierung vorgelegt werden kann. So steht es im Entwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze“. Dabei hat die Große Koalition laut Begründung zum Entwurf insbesondere Änderungen am digitalen Impfausweis im Blick.

Die geplanten Änderungen müssen noch ressortübergreifend abgestimmt werden. Bereits am späten Donnerstagabend, also am Erscheinungstag dieser DAZ, könnte der angepasste Gesetzentwurf im Bundestag verabschiedet werden. Das Gesetz tritt dann größtenteils am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.

Identitätsüberprüfung auch beim EU-Genesenen-Zertifikat

Bis Anfang dieser Woche feilten SPD und Union noch an den Details der beabsichtigten neuen Regelungen: In der noch nicht ressortabgestimmten Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag zum Entwurf stellen die Regierungsfraktionen klar, dass sich diese Regelung explizit auch auf das geplante „Grüne Impfzertifikat“ auf europäischer Ebene bezieht. Damit sollen EU-Bürger künftig nachweisen können, dass sie gegen COVID-19 geimpft sind.

Eine solche Bescheinigung dürfen Apothekerinnen und Apotheker demnach bald nachträglich bei Vorlage eines entsprechenden Impfnachweises ausstellen, sofern „geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Ausstellung eines unrichtigen COVID-19-Impfzertifikates getroffen werden“. Zu überprüfen haben sie laut Änderungs­antrag in solchen Fällen vor allem „die Identität der betroffenen Person und die Authentizität der vorgelegten Dokumente“. Gleiches soll auch für das sogenannte EU-Genesenen-Zerti­fikat gelten, das eine durchgemachte SARS-CoV-2-Infektion bestätigt.

In ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf war die ABDA noch davon ausgegangen, dass es für Apotheken bei Vorlage eines Impfnachweises lediglich eine allgemeine Prüfpflicht geben wird, ob die Impfdokumentation vollständig und nicht offensichtlich gefälscht ist. „Darüber hinausgehende Prüfpflichten bestehen unseres Erachtens auch angesichts des Straftatbestands des § 278 StGB (Ausstellen ­eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses wider besseres Wissen) nicht, der künftig auch für Apotheker beim Impfdokumentationsnachtrag einschlägig wäre, und erscheinen auch nicht erforderlich.“

Bei Betrug droht Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren

Das sieht die Große Koalition offenbar anders: Sie will diesbezüglich einen neuen § 75a Infektionsschutzgesetz (IfSG) schaffen. „Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr wider besseres ­Wissen als zur Durchführung einer Schutzimpfung berechtigte Person oder als Arzt oder Apotheker eine unrichtige Impfdokumentation oder ein unrichtiges COVID-19-Impfzertifkat ausstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“, soll es darin heißen. Die gleiche Strafe ist laut Formulierungshilfe auch für das Ausstellen eines unrichtigen Genesenenzertifikats vorgesehen. Strafbar macht sich auch, wer eine andere Person durch unrichtige Angaben dazu veranlasst, solche Beschei­nigungen auszustellen oder wider besseres Wissen davon Gebrauch macht. Schon der Versuch soll unter Strafe gestellt werden.

„Die Europäische Union wird im Rahmen einer Verordnung Regelungen über den Nachweis der Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 unter Verwendung eines sogenannten Digitalen Grünen Zertifikats (EU-Verordnung ‚Digitales Grünes Zertifikat‘) treffen, dessen Ausstellung Geimpfte, Genesene oder negativ Getestete nach der vorgeschlagenen europäischen Vorgabe auch verlangen können“, heißt es in der Begründung zur Formulierungshilfe. Ist das Ausstellen eines Impfzertifikats direkt bei der Impfung, etwa aus technischen Gründen, nicht möglich, soll dies auch nachträglich in Praxen oder Apotheken geschehen können. „Die Ausstellung kann auch durch die ­berufsmäßigen Gehilfen vorgenommen werden“, erläutern SPD und Union.

Nachtrag nur bei Impfung in räumlicher Nähe

Wird das Impfzertifikat nach dem Recht der Europäischen Union nachträglich ausgestellt, sind laut Begründung zur Formulierungshilfe „geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine missbräuchliche Ausstellung etwa aufgrund der Vorlage gefälschter Impfnachweise zu unterbinden“. So muss sich die geimpfte Person vor Ausstellung anhand des Personalausweises oder eines vergleichbaren Ausweis­dokuments, etwa eines ausländischen Ausweises, identifizieren. Zudem ist sie über die Konsequenzen der Vorlage einer unrichtigen Impfdokumentation zu belehren.

Die Ausstellung eines Impfzertifikats soll in der Regel nur dann erfolgen, wenn „die Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in räumlicher Nähe erfolgt ist“, heißt es weiter. Das bedeutet: Die Impfung muss zum Beispiel in der gleichen Gemeinde, dem gleichen Landkreis oder umliegenden Gemeinden durchgeführt worden sein. „Durch die räumliche Nähe zum Ort der Impfung wird gewährleistet, dass die Form der Nachweise oder die ausstellenden Leistungserbringer bekannt sind“, nehmen die Regierungsfraktionen an. Hiervon könne jedoch im Einzelfall abgewichen werden, wenn etwa die Ausstellung aus beruflichen Gründen oder bei Wohnsitzwechsel nicht am Ort der Impfung erfolgen kann.

Besteht der Verdacht, dass ein unechter oder gefälschter Impfnachweis vorliegt, darf keine entsprechende Ergänzung am Impfausweis vorgenommen werden. „Die Durchführung der Überprüfung, die ordnungsgemäße Belehrung und die Ausstellung des Impf­zertifikates ist zu dokumentieren“, heißt es weiter. Und: „Im Rahmen der Verpflichtung, geeignete Maßnahmen zu treffen, ist auch zu gewährleisten, dass die ausstellenden Personen ausreichende Kenntnisse von den formellen Anforderungen an die Impfdokumentation nach den Bestimmungen des Infektionsschutzrechts erhalten.“ Ob mit dieser Vor­gabe eine extra Schulung für Apo­thekenmitarbeiter nötig wird, bleibt offen.

Darüber hinaus soll eine datenschutzrechtliche Grundlage für die Verarbeitung der für die Generierung des COVID-19-Impfzertifikats erforderlichen personenbezogenen Daten durch das Robert Koch-Institut und für die Übermittlung dieser Daten durch zum Beispiel Arztpraxen und Apotheken an das RKI geschaffen werden. Der Geimpfte soll wählen können, ob er das Impfzertifikat in elektronischer Form als QR-Code, als Ausdruck oder aber seinen gelben Impfpass als Nachweis einer SARS-CoV-2-Schutzimpfung verwenden will. „Die Erstellung und Nutzung der Impfnachweise sowie der durch die Bundesregierung bereitgestellten digitalen Anwendungen geschieht auf freiwilliger Basis.“

BAH begrüßt Impfpass-Ergänzungen

Auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) hatte Anfang dieser Woche die Möglichkeit zur ­Stellungnahme zum „Zweiten Gesetz zur Änderung des Infektionsschutz­gesetzes und weiterer Gesetze“ wahrgenommen. In der Stellungnahme heißt es, dass man seitens des BAH diese Möglichkeit begrüßte, weil damit in pragmatischer Art und Weise insbesondere die Nachtragungen in einen digitalen Impfpass vereinfacht würden. |

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