- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 42/2021
- Telepharmazeutische ...
Aus der Hochschule
Telepharmazeutische Betreuung im Studium
Erfahrungen mit dem Wahlpflichtfach „Pharmazeutische Betreuung“ an der Uni Bonn
Die Vorbereitung auf das Wahlpflichtfach begann für uns mit grundlegenden Seminaren zu Medikationsanalysen, weiterführendem Medikationsmanagement und patientennaher Kommunikation, die von den betreuenden Doktorandinnen und Doktoranden sowie von Margit Schlenk (NM Vital Apotheke im Ärztehaus, Neumarkt) gehalten wurden. Begleitet wurde das Wahlpflichtfach außerdem durch Carina John, Abteilungsleiterin der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) in der Apothekerkammer Nordrhein und Apothekerin Maren Patte (Bären Apotheke Alleestraße, Remscheid).
Nach dieser gründlichen Vorbereitung ging es dann los. Frau Schlenk und Frau Patte vermittelten uns den Kontakt zu Patientinnen und Patienten aus ihren Apotheken, mit denen wir in Zweierteams Gesprächstermine vereinbarten. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie wurde eine Alternativlösung zu dem regulären Wahlpflichtfach „Pharmazeutische Betreuung im Krankenhaus“ entwickelt. Wir verwendeten stattdessen die Telepharmazie-Software Apomondo®, um ein sicheres Gespräch mit den Patienten zu ermöglichen. Dabei handelt es sich um ein Tool von und für Apothekerinnen und Apotheker, um individuelle Beratungsgespräche mit Patienten zu führen.
Die Patienten präsentierten uns ihre Medikamente, erzählten uns ihre Krankheitsgeschichte, berichteten von aktuell vorliegenden Beschwerden und äußerten Wünsche, die sie bezüglich ihrer Arzneimitteleinnahme hatten. Wo möglich, stellten sie uns auch Labordaten und Arztbriefe zur Verfügung.
Im Anschluss wurden die gesammelten Informationen von uns hinsichtlich arzneimittelbezogener Probleme (ABP) überprüft. Hierfür durchsuchten wir systematisch Fachinformationen, Leitlinien und aktuelle Publikationen. Außerdem nutzten wird die ABDA-Datenbank sowie UpToDate®, um einen Interaktionscheck durchzuführen. Danach diskutierten wir die Ergebnisse mit den betreuenden Apothekerinnen Frau Schlenk und Frau Patte. Gemeinsam erarbeiteten wir Methoden, die Patienten über die Ergebnisse der Medikationsanalyse zu informieren und Veränderungen der Medikation zu implementieren. Des Weiteren formulierten wir, sofern das Ergebnis der Medikationsanalyse es erforderte, Arztbriefe, in denen wir den jeweiligen Ärzten unsere Lösungsansätze präsentierten.
Zum Schluss präsentierten wir die relevantesten Ergebnisse der Medikationsanalysen unseren Kommilitoninnen und Kommilitonen im Seminar „Klinische Pharmazie“. Somit konnten auch sie direkt an unseren Erfahrungen teilhaben.
Was zunächst aufgrund der Coronavirus-Pandemie als Alternativlösung entwickelt wurde, entpuppte sich als spannende Erfahrung für uns Studentinnen. Die Zusammenarbeit mit realen Patienten ermöglichte uns, schon vor dem Praktischen Jahr Einblicke in das Medikationsmanagement in der Apotheke zu erlangen. Dadurch zeigte sich, welche ABP in der Praxis eine große Rolle spielen und wie unterschiedlich die Patienten im Umgang mit ihrer Erkrankung und der Therapie sein können. Aber nicht nur wir konnten einen großen Nutzen aus dem Wahlpflichtfach ziehen, sondern auch die Patienten profitierten von dieser Betreuung. „Schön, dass Sie das entdeckt haben, das hätte ich sonst ewig weiter eingenommen“, lautete der Kommentar eines Patienten, den wir auf die Einnahme eines potenziell inadäquaten Medikaments hinwiesen.
Die besondere Herausforderung in der Bearbeitung der Medikationsanalysen bestand darin, die Wünsche des Patienten bei der Bearbeitung der gefundenen ABP zu berücksichtigen und somit wichtige ABP zu priorisieren. So war nicht jedes gefundene ABP bei jedem Patienten oder bei jeder Patientin relevant. Es galt, bei der Bewertung immer den Patienten in seiner Gesamtheit zu betrachten. Ein häufiges ABP waren Interaktionen aufgrund von Arzneimitteln, die CYP-Enzyme beeinflussen. Außerdem lag oft ein ungeeigneter Einnahmezeitpunkt vor. Beispielsweise ergab sich durch einen Austausch von Etoricoxib gegen Ibuprofen eine Interaktion mit Acetylsalicylsäure (ASS), welche zur Reinfarktprophylaxe eingenommen wurde. Dabei kann Ibuprofen durch sterische Abschirmung die Bindung der ASS an die Cyclooxygenase beeinträchtigen, wodurch die Gefahr besteht, dass die Thrombozytenaggregation durch ASS nicht ausreichend gehemmt und somit die Wirkung von ASS verringert wird. Wir erläuterten dies dem Patienten und wiesen dabei darauf hin, dass er durch eine zeitlich versetzte Einnahme von Ibuprofen 30 Minuten nach der ASS-Einnahme diese Interaktion umgehen kann.
Zum Teil gab es für ein gefundenes ABP mehrere Lösungsansätze, die in Betracht kamen, und auch hier galt es wieder individuell abzuwägen. Bei Rückfragen und Problemen standen uns alle Betreuenden immer mit Rat und Tat zur Seite. Eine weitere nennenswerte Erfahrung war die Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit den betreuenden Doktoranden, den Apothekerinnen und Professor Dr. Jaehde. Abgerundet durch die Rückmeldung der Ärzte auf unsere Berichte fand die pharmazeutische Betreuung innerhalb des Wahlpflichtfaches somit durch ein interprofessionelles Team statt.
Ein voller Erfolg
In unseren Augen war das Wahlpflichtfach ein voller Erfolg. Wir erhielten erste Einblicke in unseren späteren Berufsalltag und lernten zudem die Patientenperspektive kennen. Dabei gilt unser Dank nicht nur den betreuenden Apothekerinnen, sondern auch der gesamten Abteilung Klinische Pharmazie an der Universität Bonn. Insbesondere möchten wir uns auch bei den Patientinnen und Patienten bedanken, die mit viel Freude an dem Projekt teilgenommen haben und uns diese wertvolle Erfahrung ermöglicht haben. |
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.