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Gesundheitspolitik
Kein Geld mehr für Gesundheitskiosk
Ersatzkassen kündigen Versorgungsvertrag mit Vorzeigemodell in Hamburg
Bereits seit dem Jahr 2017 existiert in Billstedt-Horn ein sogenannter Gesundheitskiosk. Es gebe in diesen Hamburger Stadtteilen weniger Ärzte und gleichzeitig mehr Kranke als anderswo, erläuterte Geschäftsführer Alexander Fischer bereits im März gegenüber der DAZ. „Das liegt daran, dass Armut einfach krank macht, sie sorgt für ungesunde Arbeits- und Lebensbedingungen.“ Zudem führten sprachliche und kulturelle Hürden dazu, dass medizinische Hilfe weniger in Anspruch genommen wird.
Das Projekt fand Nachahmer: Erst im April 2022 eröffnete ein solcher Kiosk auch in Aachen. Und die Ampel-Partner einigten sich im Koalitionsvertrag darauf, weitere derartige Angebote zu schaffen. Dieses Vorhaben will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nun umsetzen: Ende August legte er ein Eckpunktepapier vor, in dem vorgesehen ist, bundesweit 1000 Gesundheitskioske zu etablieren (s. AZ 2022, Nr. 36, S. 8).
Doch ausgerechnet dem Vorzeigemodell in Billstedt-Horn wird dieser Vorstoß jetzt offenbar zum Verhängnis. Wie der Virchowbund, der Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands, in einer Pressemeldung vom vergangenen Donnerstag informiert, hätten die Ersatzkassen den Versorgungsvertrag mit dem Gesundheitskiosk gekündigt – unter anderem mit Verweis auf die Eckpunkte Lauterbachs. Zudem spiele auch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz eine Rolle.
„Lauterbach ist der unsozialste Sozialdemokrat“
Der Virchowbund ist einer der Initiatoren des Projekts – der Vorsitzende des Verbands, Dirk Heinrich, findet drastische Worte zum Vorstoß des Ministers: „Lauterbach zerstört mit seiner erratischen und inkonsistenten Politik die gute Versorgung ausgerechnet in sozialen Brennpunkten.“ Die unausgegorenen Eckpunkte und ein Finanzierungsgesetz, das die Kassen unter erheblichen Druck bringt, seien die Ursache dafür, dass sich nun Kassen aus einem sozialen Projekt mit nachgewiesener Versorgungsverbesserung verabschieden, heißt es weiter. „Dadurch hat nach zehn Monaten Amtszeit das Wirken von Lauterbach bereits nachhaltig negative Auswirkungen auf die Versorgung der sozial Schwächsten“, stellt Heinrich fest. „Ich halte Lauterbach deshalb inzwischen für den unsozialsten Sozialdemokraten.“
In der Folge müssten nun voraussichtlich gut eingearbeitete und hoch motivierte Mitarbeiter des Gesundheitskioskes entlassen werden. Das Schicksal des Projekts hänge jetzt an den Verträgen mit den verbliebenen Kassen. „Und damit schwebt das Damoklesschwert über dem Fortbestand des Hamburger Gesundheitskioskes, der noch im Februar vom Gemeinsamen Bundesausschuss für die Regelversorgung empfohlen wurde“, fasst Heinrich zusammen.
Das Thema Gesundheitskioske beschäftigt auch die Apothekerschaft: Beim Deutschen Apothekertag verabschiedeten die Delegierten u. a. einen Antrag, in dem sie den Gesetzgeber auffordern, die ambulanten Strukturen der Gesundheitsversorgung, wie Praxen, Apotheken und ambulante Pflegeeinrichtungen, nachhaltig zu stärken. Dagegen sollen die „ohnehin knappen finanziellen Ressourcen gesetzlicher Krankenkassen und der Kommunen“ nicht für den Aufbau und den Unterhalt von Parallelstrukturen wie Gesundheitskiosken eingesetzt werden. |
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