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Als Steuerungsinstrument wiederentdeckt
Die unglückliche Geschichte des Kassenabschlags
Die gesetzlichen Krankenkassen erhalten gemäß § 130 SGB V von den Apotheken einen Preisnachlass auf verordnete Arzneimittel. Er kann als Großkundenrabatt oder als Entgegenkommen für die Solidargemeinschaft interpretiert werden und ist auch ein Skonto, weil er nur fällig wird, wenn die Krankenkasse innerhalb von zehn Tagen zahlt. Einen solchen Nachlass gab es schon vor der Einführung des Kombimodells für die Apothekenhonorierung. Seitdem wird er für Rx-Arzneimittel als fester Bruttobetrag pro Packung ausgewiesen. Für OTC-Arzneimittel beträgt er fünf Prozent vom Verkaufspreis.
Dauerstreit um Kassenabschlag
Mit der grundlegenden Umstellung der Apothekenhonorierung im Jahr 2004 drängte sich der Kassenabschlag auf Rx-Arzneimittel als kurzfristiges Steuerungsinstrument auf, weil die Ausgaben der Krankenkassen damit sehr einfach beeinflusst werden können. Er war zeitweilig gesetzlich vorgeschrieben und musste ansonsten zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Apothekerverband ausgehandelt werden. Diese Verhandlungen waren viele Jahre lang eine schwere Belastung für das Verhältnis zwischen Apotheken und Krankenkassen. Das lag auch an den unglücklichen gesetzlichen Rahmenbedingungen. Denn die Vorgaben für die Anpassung des Festzuschlags gemäß Arzneimittelpreisverordnung und des Kassenabschlags waren nahezu wortgleich. Beide Größen sollten sich an den Kosten der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung orientieren. So konnten die Krankenkassen Forderungen der Apotheker mit dem Verweis auf die Zuständigkeit des Verordnungsgebers zurückweisen. Umgekehrt konnte der Verordnungsgeber zunächst Verhandlungen mit den Krankenkassen empfehlen. Überdies war zu befürchten, dass ein erhöhter Festzuschlag einen höheren Kassenabschlag nach sich ziehen und zu einem Nullsummenspiel führen würde. Beide Größen waren wie über ein System kommunizierender Röhren verbunden. Die Höhe des Kassenabschlags war so umstritten, dass teilweise die Schiedsstelle entscheiden musste oder jahrelang Klagen anhängig waren und der Betrag nur vorläufig galt. Die Kassenabschläge für 2009 und 2010 standen erst 2013 fest, als beide Vertragspartner ihre Klagen zurückzogen.
AMNOG: Höherer Kassenabschlag mit großen Folgen
Wenn die Politik jedoch Bedarf für einen Sparbeitrag der Apotheken sah, setzte sie den Kassenabschlag für einige Zeit gesetzlich fest und konnte so die Einnahmen der Apotheken steuern. Dies geschah mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG), das den Kassenabschlag für 2011 und 2012 auf 2,05 Euro festsetzte. Gegenüber 2010 war das ein Anstieg um 30 Cent. Dies hat massiv auf die Apotheken gewirkt. Manche sahen darin das härteste Spargesetz in der bisherigen Apothekengeschichte. Es dürfte auch eine Folge des AMNOG gewesen sein, dass damals die Zahl der Apotheken erstmals deutlich sank. Vermutlich haben diese erheblichen Wirkungen den Boden für die bisher einzige Erhöhung des Festzuschlags auf Rx-Fertigarzneimittel von 8,10 Euro auf 8,35 Euro Anfang 2013 bereitet. Der Schaden für die Apotheken durch den erhöhten Kassenabschlag war so offensichtlich, dass an anderer Stelle nachgebessert werden musste.
2016: endlich Klarheit
Ab 2013 musste der Kassenabschlag wieder ausgehandelt werden. Dabei wurde dank der Hilfe des Vermittlers Dr. Rainer Hess ein bemerkenswerter Kompromiss mit einer Stufenlösung für die nächsten Jahre erzielt. Später baten beide Vertragspartner gemeinsam den Gesetzgeber, den für 2015 ausgehandelten Kassenabschlag von 1,77 Euro für die Zukunft gesetzlich festzuschreiben. Daraufhin gilt seit 2016 dieser gesetzliche Kassenabschlag. Damit war endlich klargestellt, dass veränderte Kosten der Apotheken über die Arzneimittelpreisverordnung auszugleichen sind. Das Tauziehen um die Zuständigkeit war beendet. Doch der Festzuschlag für Rx-Arzneimittel wurde danach trotzdem nie angepasst.
Historische Belastung droht
Es bleibt festzuhalten, dass der Anstieg des Brutto-Kassenabschlags um 30 Cent den Apotheken 2011 und 2012 sehr zugesetzt hat. Es war ein historischer Einbruch in der Wirtschaftlichkeit der Apotheken, der in langen Zeitreihen heute noch auffällt. Gemäß den jüngsten Plänen ist jetzt eine Erhöhung um 23 Cent brutto vorgesehen. In Verbindung mit der ab 2023 angedachten Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel würde daraus eine Belastung von 38 Cent netto. Diese Maßnahme würde das AMNOG als bisher härtestes Spargesetz für die Apotheken überbieten. Deutlicher kann der Widerspruch zu den politischen Bekundungen über die Bedeutung der Apotheken in der Pandemie kaum sein. |
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