Gesundheitspolitik

Kommentar: Überfällig

Dr. Thomas Müller-Bohn

Die Apotheken brauchen mehr Geld. Das hat die ABDA schon oft gesagt. Nun fordert sie endlich 12 Euro pro Rx-Packung, künftige automatische Anpassungen für diesen Festzuschlag und ein pauschales Grund­honorar für jede Apotheke. Das alles ist richtig, und viele freuen sich, dass die Forderung endlich auf dem Tisch liegt. Andere sind nach den Jahren der Lethargie erschrocken. Ist das denn realistisch? – Ja, es ist überfällig und es ist längst nicht so viel, wie es auf den ersten Blick scheint. Auf der Grundlage des Basisjahres 2002 wurde 2004 das Fixhonorar von damals 8,10 Euro pro Rx-Packung eingeführt. Wenn 2024 daraus 12 Euro werden, wären das mit Zinseszinseffekt über 22 Jahre pro Jahr 1,8 Prozent mehr. Das ist weniger als das Inflationsziel der Zentralbank. Zugegeben, die Apotheken haben inzwischen einige andere zusätzliche Honorare erhalten, den Notdienstfonds, mehr Geld für Rezepturen und BtM, das Botendiensthonorar und den Dienstleistungsfonds. Doch das sind alles Nachbesserungen bei ansonsten defizitären Leistungen oder ein Honorar für eine neue Aufgabe. Zugleich müssen die Apotheken viel zusätzliche Arbeit ohne ein neues Entgelt leisten, besonders für Rabattverträge und mehr Bürokratie. Darum sind 1,8 Prozent pro Jahr eine sehr moderate Forderung. Dass sie so groß erscheint, ist das Ergebnis von 22 Jahren Bearbeitungsstau. Das damalige Ziel, die Apothekenhonorierung von der Preisdynamik der Arzneimittel abzukoppeln, wurde treffsicher erreicht. Doch das Ziel, die Apotheken trotzdem irgendwie an der Wirtschaftsentwicklung zu beteiligen, muss nun endlich auf die Agenda. Denn ohne Anpassung an neue Verhältnisse gibt es keine Zukunft.

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