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Gesundheitspolitik
Engpassgesetz geht in die heiße Phase
Parlamentarier zeigen sich bei erster Lesung im Bundestag nachbesserungsbereit
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening griff entsprechende Äußerungen der apothekenpolitischen Sprecher von SPD und FDP, Dirk Heidenblut und Lars Lindemann, gerne auf: „Hier können wir nur appellieren: Lassen Sie es nicht weiter zu, dass die sparwütigen Krankenkassen uns für unsere Krisenarbeit bestrafen!“
Während Abgeordnete der Opposition auch die für das Engpassmanagement der Apotheken vorgesehenen 50 Cent kritisierten, hielten sich Vertreter der Ampel in diesem Punkt zurück. Paula Piechotta (Grüne) scheint sogar zu befürchten, die Apotheken könnten es sich mit einer neuen Pauschale in den Engpässen „gemütlich machen“.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warb im Bundestag für das ALBVVG: Es sei ein „sehr wichtiges Gesetz“, das schon lange überfällig sei. Der jetzige Zustand sei nicht akzeptabel. Der Minister führt die Problematik im Wesentlichen auf drei Gründe zurück: So sei die Nachfrage nach bestimmten Arzneimitteln stark gestiegen, weil es nach der Pandemie zu vielen nachgeholten Infektionskrankheiten gekommen sei – zugleich sei in der Pandemie weniger produziert worden. Auch Lieferketten seien in der Pandemie verloren gegangen. Und nicht zuletzt sei im Generikabereich in Deutschland ein „Billigmarkt“ entstanden, mit der Folge, dass hier Arzneimittel im Fall eines Engpasses zuerst nicht mehr verfügbar seien.
Das wichtigste Ziel sei nun, einen Teil der Produktion zurück nach Europa zu holen – beginnend bei Antibiotika. Zudem soll mit dem ALBVVG die Früherkennung von Engpässen durch das BfArM verbessert werden – mit neuen Meldepflichten für die Hersteller. Überdies soll eine längere Lagerhaltung Abhilfe schaffen. Sofortmaßnahmen gebe es bei Kinderarzneimitteln, wo Rabattverträge und Festbeträge ausgesetzt würden.
Und die Apotheken?
Mit keinem Wort sprach Lauterbach die Apotheken an. Das hielt ihm der CDU-Abgeordnete Georg Kippels umgehend vor. Die Apotheker seien die Kämpfer zwischen Herstellern und Patienten, die mit „geradezu heroischem“ Einsatz die Versorgung sicherstellten. Angesicht der ihnen zugestanden 50 Cent empfahl der Oppositionspolitiker einen Blick in die Empfehlungen des Bundesrats zum ALBVVG-Entwurf. Die Länder hatten darin betont, dass dieser Betrag die Kosten nicht decke, sondern fakten- und evidenzbasiert anzuheben sei, um den Aufwand der Apotheken realistisch zu kompensieren. Das sollte sich die Ampel zu Herzen zu nehmen, so Kippels.
Paula Piechotta, die in der Grünen-Fraktion für Apotheken, aber auch für den Haushalt zuständig ist, gab sich jedoch zurückhaltend. Die „gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Zeitenwende und des De-Risking von China“ werde sich nicht alleine mit den Mitteln der GKV lösen können, betonte sie. In den anstehenden Beratungen müsse man komplexe Folgewirkungen und etwaige Mitnahmeeffekte bedenken. „Wie schaffen wir es, dass wir es uns nicht mit neuen Vergütungspauschalen in den Lieferengpässen einrichten und häuslich gemütlich machen?“. Und sie machte klar: Im Zentrum der Beratung werde nicht der Akteur stehen, „der am lautesten schreit und auch nicht der Akteur, der die großformatigsten Briefe an alle Abgeordneten schreibt“, sondern der Patient.
Seitens der SPD und der FDP war zwar nichts zur Vergütungsfrage zu hören. Doch immerhin machten sowohl Heidenblut als auch Lindemann deutlich, dass Nullretaxationen ein Ende haben müssten. Die Regierung hat bereits zugesagt, entsprechende Empfehlungen der Länder zum ALBVVG zu prüfen.
Overwiening betonte anlässlich der Debatte erneut, dass die Apotheken für ihren Kampf gegen die Engpässe eine angemessene Vergütung verdienten – und die 50 Cent nur ein Platzhalter sein könnten.
Es bleibt also spannend. Für den 12. Juni ist als nächster Schritt die öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss geplant. |
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