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Arzneimittel und Therapie
Wenn Arzneimittel auf die Stimme schlagen
Neue S2k-Leitlinie gibt Hinweise auf mögliche Nebenwirkungen
Mit den Störungen der Stimmfunktion (Dysphonie), also Einschränkungen der stimmlichen Leistungsfähigkeit sowie Veränderungen des Stimmklangs, beschäftigt sich eine neu erschienene S2k-Leitlinie, die unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V. (GPP) erstellt wurde. Die Liste der möglichen Auslöser ist lang. So können sowohl organische Ursachen wie eine Laryngitis oder Wucherungen an den Stimmlippen als auch Verletzungsfolgen beispielsweise nach einer Intubation oder Tumore hinter der Stimmfunktionsstörung stecken. Aber auch neurologische Faktoren wie eine Stimmlippenlähmung können ursächlich sein. Sogar hormonelle Auslöser sind bekannt: Nebst Pubertät (Stichwort Stimmbruch) können auch Schwangerschaft und Menopause Klang und Leistungsfähigkeit der Stimme verändern. In nicht wenigen Fällen steckt auch ein sogenannter laryngo-pharyngealer Reflux, also das Aufsteigen von Magensäure bis in Kehlkopf und Rachen, hinter den Stimmproblemen.
Nebenwirkungscheck sinnvoll
Ausführlich geht die Leitlinie aber auch auf Arzneimittel ein, die als Nebenwirkung eine Beeinträchtigung der Stimme mit sich bringen können, und rät mit starkem Konsens zu einem Nebenwirkungscheck. Demnach sollte bei allen stimmgestörten Patienten, die Medikamente einnehmen, überprüft werden, ob möglicherweise eine unerwünschte Wirkung auf die Stimme besteht. Hier ist pharmazeutisches Fachwissen gefragt. Insbesondere an folgende Arzneimittelklassen sollte laut Leitlinie gedacht werden, wenn auf eine arzneimittelinduzierte Dysphonie geprüft wird. Die in der Leitlinie aufgeführten Zusammenhänge zwischen Arzneimittel und Dysphonie sind jeweils in Klammern angegeben:
- ACE-Hemmer (Beeinträchtigung der Stimme durch den als Nebenwirkung auftretenden Husten)
- Analgetika (Einblutungen in die Stimmlippen – relevant bei Überdosierung/zu langem Gebrauch bei gleichzeitiger starker Stimmbeanspruchung)
- Anti-Angiogenese-Faktoren (Verminderung der Gefäße im Bereich der Stimmlippen)
- Antihistaminika (Mundtrockenheit)
- Antitussiva und Opiate (Mundtrockenheit sowie vermindertes Abhusten von Schleim)
- Benzodiazepine (Relaxation der stimmgebenden Muskulatur)
- Betablocker (Mundtrockenheit)
- Glucocorticoide (inhalativ: Reizung der Stimmlippenschleimhaut, systemisch: Abbau der stimmgebenden Muskulatur)
- Kontrazeptiva (Absenkung der Stimmlage – relevant für Stimmberuflerinnen)
- Lithiumcarbonat (Dysarthrophonie – neurologische Störung der Sprechfunktion)
- Lokalanästhetika (Störung der neuromuskulären Kontrolle)
- Montelukast
- ototoxische Arzneimittel wie Furosemid oder Aminoglycoside (Störung der audiophonetischen Rückkopplung)
- trizyklische Antidepressiva
- Vincristin (neurotoxisch, Stimmlippenparese)
Eventuell Medikation anpassen
Wenngleich sie keinen Einzug in die Leitlinie gehalten haben, sind auch Anticholinergika (Stichwort Mundtrockenheit), Bisphosphonate (Stichwort Schleimhautreizung) und Aldosteron-Antagonisten als mögliche Auslöser im Hinterkopf zu behalten. Wird ein Zusammenhang zwischen der Stimmfunktionsstörung und der Medikation vermutet, sollte laut Leitlinie in Abstimmung mit den verordnenden Ärzten geprüft werden, ob die Medikation geändert werden kann oder Maßnahmen ergriffen werden können, um die Nebenwirkung zu vermeiden. Hierfür sind auch Beruf, Interessen und Situation der Patienten einzubeziehen. Gerade Personen in stimmintensiven Berufen wie Lehrer, aber auch leidenschaftliche Hobbysänger werden Einschränkungen am Stimmorgan nur ungern hinnehmen. Sie sollten idealerweise bereits vor Therapiebeginn über mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt werden. |
Literatur
Diagnostik und Therapie von Störungen der Stimmfunktion (Dysphonien). S2k-Leitlinie unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V., AWMF-Registernummer: 049-008, Stand: Dezember 2022
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