DAZ aktuell

Reform des Notfallsystems

Was die Neuordnung der Akutversorgung aus Apothekensicht bringen könnte

gbg/jr | Die Bundesregierung will die Notfallversorgung schon lange reformieren. Nun hat eine Expertenkommission des Bundesgesundheitsministeriums in einer Stellungnahme unter anderem vorgeschlagen, Notfall-Botendienste einzusetzen und eine Ausgabe von Arzneimitteln durch Ärztinnen und Ärzte zu ermöglichen. Sogenannte integrierte Notfallzentren an Krankenhäusern sollen eine effizientere Patientenversorgung gewährleisten.

Um die Notaufnahmen in deutschen Krankenhäusern zu entlasten, will der Bund schon seit einigen Jahren die Notfallversorgung reformieren. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat eine Expertenkommission damit beauftragt, erste Vorschläge zu machen, wie eine Neuordnung des Systems aussehen könnte – nun liegt die Stellungnahme der Kommission vor.

Foto: schulzfoto/AdobeStock

Integrierte Notfallzentren

Das übergeordnete Ziel der Reform besteht laut Stellungnahme darin, eine „bedarfs- und zeitgerechte, qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Notfallversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten“. Schwerpunkt des Papiers ist die Ausgestaltung sogenannter integrierter Notfallzentren an Krankenhäusern, die aus der jeweiligen Notaufnahme, einer Notdienstpraxis der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sowie einer zentralen Ersteinschätzungsstelle bestehen. Letztere soll Hilfesuchende anhand medizinischer Kriterien in eine der beiden anderen Strukturen leiten. Zur Organisation dieses Systems spricht die Kommission insgesamt 26 Empfehlungen aus, die sich etwa mit der Qualifikation der Mitarbeitenden, der Finanzierung, den Qualitätsstandards und der Erreichbarkeit befassen.

Zudem sei es nötig, die Zuordnung von Hilfesuchenden zu den passenden Strukturen künftig stärker zu steuern als bisher – primär telefonisch oder telemedizinisch. Hierfür empfiehlt die Regierungskommission den Aufbau integrierter Leitstellen (ILS). Mit ihrer Hilfe soll zum einen vermieden werden, dass Hilfesuchende mit akutem oder umfassendem Notfallbehandlungsbedarf durch ungeeignete Selbstzuweisung in gefährlicher Weise unter- oder überversorgt sind, und zum anderen soll sichergestellt werden, dass „die knappen Ressourcen des Notfallwesens möglichst optimal genutzt werden“.

Dass die Apotheken bei der Reform der Notfallversorgung nur am Rande eine Rolle spielen werden, war abzusehen. Dennoch tauchen vereinzelt Vorschläge in der Stellungnahme auf, die auch die Apotheken betreffen. Im Abschnitt zu den in­tegrierten Notfallzentren heißt es etwa in Empfehlung Nummer 26: „Zudem wird eine einheitliche, unbürokratische Möglichkeit zur Medikamentenvergabe und Krankschreibung für alle am INZ beteiligten Ärztinnen und Ärzte geschaffen.“ Wie weit die Befugnis zur Ausgabe von Arzneimitteln reichen soll, ist in dem Papier nicht näher definiert.

Botendienst für Arzneimittel

Das Leistungsspektrum der integrierten Leitstellen wiederum soll neben der telemedizinischen Beratung und dem Verweis auf die individuell geeignete Gesundheitsstruktur auch das Verordnen von Medikamenten umfassen – „kombiniert mit einem Botendienst für Arzneimittel“. Unklar bleibt an dieser Stelle, wer diesen Botendienst erbringen soll und ob zum Beispiel öffentliche Apotheken in die Pflicht genommen werden.

Die Idee eines Notfall-Botendienstes findet sich übrigens bereits im Koali­tionsvertrag der Ampel-Partner. Darin heißt es im Zusammenhang mit den Apotheken: „Wir entwickeln den Nacht- und Notdienstfonds zu einem Sicherstellungsfonds weiter und schaffen eine Verordnungsfähigkeit für Notfall-Botendienste in der ambulanten Notfallversorgung.“ Auch diese Formulierung bleibt jedoch vergleichsweise vage. SPD, Grüne und FDP wollen laut Koalitionsvertrag zudem die Arzneimittelversorgung durch Apotheken an integrierten Notfallzentren in unterversorgten Gebieten durch flexiblere Vorgaben in der Apothekenbetriebsordnung verbessern. Dies greift die Expertenkommission in ihrer Stellungnahme allerdings nicht auf.

Videotelefonie in Apotheken

Eher eine Randnotiz ist dagegen ein weiterer Vorschlag der Kommission zu den integrierten Leitstellen und dem Angebot von Videosprechstunden: Es sei „zu erwägen“, für Menschen, die keinen eigenen Zugang zur Videotelefonie haben oder sich in der Benutzung unsicher fühlen, einen derartigen Zugang in Apotheken einzurichten. |

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