Arzneimittel und Therapie

Wenn Diabetiker selbst entscheiden dürfen

Patienten präferieren Arzneistoff mit effektivster Blutzuckersenkung

In einer aktuellen Studie konnten Typ-2-Diabetiker drei vorgegebene orale Antidiabetika testen und im Anschluss selbst entscheiden, welches zu ihnen am besten passt. Ein neuer Ansatz zur Therapie­optimierung?

Wer die Wahl hat, hat die Qual – mittlerweile gibt es zahlreiche Antidiabetika mit unterschiedlichen Wirkmechanismen auf dem Markt. Sowohl die Wirksamkeit als auch das Auftreten von unerwünschten Arzneimittelwirkungen kann individuell unterschiedlich sein – somit ist es schwierig, die optimalste Therapie für den Patienten zu wählen.

Erst testen, dann auswählen

So ging eine Forschergruppe der Universität Exeter der Frage nach, ob es bei chronischen Erkrankungen sinnvoll ist, die Patienten selbst ihre Therapie wählen zu lassen. In der randomisierten, doppelblinden Trimaster-Studie mit Cross-over-Design testeten 457 Teilnehmer die drei vorgegebenen Antidiabetika Pioglitazon (z. B. Actos®), Sitagliptin (z. B. Januvia®) und Cana­gliflozin (in Deutschland nicht mehr erhältlich) und gaben anschließend ihre Präferenzen an. Die Studie wurde im Zeitraum von November 2016 bis Januar 2020 durchgeführt. Dabei wurden die Teilnehmer in sechs Gruppen eingeteilt und nahmen jeden Wirkstoff in unterschiedlicher Reihenfolge für eine Dauer von jeweils 16 Wochen ein.

Meist entschieden sich die Patienten für das Präparat, welches ihren Blutzuckerspiegel am stärksten senkte und die wenigsten Nebenwirkungen verursachte. Dabei schnitt der Natrium-Glucose-Cotransporter-2(SGLT2)-Hemmer Canagliflozin am besten ab: Sowohl vor als auch nachdem man die Patienten über ihren HbA1c-Wert und ihr Körpergewicht informiert hatte, wurde der Arzneistoff am häufigsten präferiert.

Foto: H_Ko/AdobeStock

1, 2 oder 3? Typ-2-Diabetiker konnten die drei oralen Antidiabetika Pioglitazon, Sitagliptin und Canagliflozin testen und danach die für sie beste Option wählen.

Wirkung und Nebenwirkungen entscheidend

Insgesamt bevorzugten 37% der Teilnehmer den ersten, 33% den zweiten und 30% den dritten eingenommenen Arzneistoff. Bevor den Patienten ihre Blutzuckerwerte und ihre Gewichtsentwicklung mitgeteilt wurde, entschieden sich bereits 53% der Teilnehmer für den Arzneistoff, der ihren Blutzuckerspiegel am stärksten senkte. Nach Bekanntgabe der Werte lag der Anteil sogar bei 70%. Weiteres wichtiges Entscheidungskriterium war das Auftreten von Nebenwirkungen – so präferierten 67% der Studienteilnehmer den Arzneistoff mit den wenigsten unerwünschten Wirkungen. Die Gewichtsentwicklung war für die Patienten weniger relevant in der Entscheidungsfindung – der Anteil lag bei 45%.

Die Studienautoren stellten fest, dass die Auswahl durch die Patienten vorteilhaft sei. 70% der Patienten könnten so den für sie geringsten HbA1c-Wert erreichen und 67% würden mit dem Arzneistoff behandelt, der für sie am besten verträglich ist.

Fazit

In der Studie konnte gezeigt werden, dass die Therapieauswahl individuell unterschiedlich ist und der Arzneistoff präferiert wird, der zu dem geringsten HbA1c-Wert und den wenigsten Nebenwirkungen führt. Wenn behandelnde Ärzte in ihrer Vorgehensweise nicht klar abschätzen können, welche Therapie für einen Patienten optimal ist, könnte es sinnvoll sein, ihn in die Entscheidungsfindung miteinzubeziehen. Patienten mehrere vorausgewählte Arzneistoffe testen zu lassen und ihnen die Entscheidung zu überlassen, mit welchem sie langfristig therapiert werden wollen, könnte ein neuer Ansatz zur Therapieoptimierung sein. |
 

Literatur

Shields BM et al. Patient preference for second- and third-line therapies in type 2 diabetes: a prespecified secondary endpoint of the TriMaster study. Nature Medicine 2022, doi: 10.1038/s41591-022-02121-6
 

Apothekerin Dr. Martina Wegener

 

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