Biosimilars

Biotechnologische Arzneimittel sind nicht austauschbar

Hamburg - 28.07.2009, 11:32 Uhr


Bei Biosimilars trifft die Austauschbarkeit an ihre Grenzen: Nach einem Gerichtsbeschluss darf das von der Firma Amgen hergestellte Präparat Neupogen® (Filgrastim) auch nicht vage als möglicherweise austauschbar gekennzeichnet werden.

Hintergrund der Problematik ist der Unterschied zwischen Biosimilars und Generika. Biotechnologische Produkte werden durch ihren Herstellungsprozess definiert. Anders als bei den kleinen Molekülen der klassischen Arzneistoffe entstehen aus unterschiedlichen Herstellungsabläufen keine identischen Wirkstoffe, sondern nur wirkstoffähnliche Produkte. Diese Erkenntnis gilt auch politisch als Konsens. Davon unabhängig existieren Rabattverträge außer für Generika auch für einige patentgeschützte Originalprodukte und neuerdings für Biosimilars. Diese Rabattverträge werden den EDV-Anbietern auf einem einheitlichen Datenweg gemeldet und gehen dementsprechend in die Daten für die Apotheken ein. Angesichts der komplizierten Problematik der Rabattverträge formulierten Apotheken-EDV-Anbieter bei biotechnologischen Produkten bisher Hinweise auf gegebenenfalls bestehende Rabattverträge zu diesbezüglichen Biosimilars und überließen den Apothekern die rechtliche Würdigung.

Auf Betreiben des betroffenen Herstellers Amgen hat das Landgericht Hamburg jedoch am 14. Juli eine einstweilige Verfügung (Aktenzeichen 327 O 391/09) gegen einen Softwareanbieter erlassen. Darin wird dem EDV-Anbieter untersagt, in seiner Software bei Eingabe von Neupogen® den Hinweis auf eine Substitutionsmöglichkeit durch ein Filgrastim-Biosimilar anzugeben. Auch der Hinweis auf eine Recherche zur Substitutionsmöglichkeit durch den Apotheker wurde beanstandet und darf nun nicht mehr erfolgen. Darüber hinaus wurde dem Softwareanbieter auferlegt, die Apotheker "umgehend darüber zu informieren, dass die von der Software aufgezeigte vermeintliche Substitutionsmöglichkeit für Neupogen nicht besteht."

Der Hersteller möchte damit deutlich machen, dass wirkstoffähnliche biotechnologisch hergestellte Produkte untereinander auch im Zusammenhang mit Rabattverträgen nicht austauschbar sind. Bei seiner Argumentation beruft sich der Hersteller auf die Sichtweise der Europäischen Kommission und der europäischen Zulassungsbehörde EMEA sowie auf ein Schreiben des Staatssekretärs Dr. Klaus Theo Schröder aus dem Bundesgesundheitsministerium vom November 2006. Darin bestätigt Schröder, dass biotechnologische Arzneimittel nicht generikafähig sind und deshalb auch nicht den Regelungen des SGB V für Generika unterliegen. Es bestehe auch Konsens zwischen den Krankenkassen- und Herstellerverbänden, dass die Regeln zum Herstellerabschlag für Generika nicht auf biotechnologische Produkte anwendbar sind. Dies wurde im Mai 2009 durch ein Schreiben aus dem Bayerischen Gesundheitsministerium an die Krankenkassenverbände und die Bayerische Landesapothekerkammer bestätigt. Darin heißt es außerdem, die Apotheker dürften Biosimilars bei einer Substitution nach § 129 Absatz 1 SGB V nicht berücksichtigen, denn diese Vorschrift gelte nur für wirkstoffgleiche, aber nicht für wirkstoffähnliche Produkte.

So kann es Rabattverträge geben, die zu keiner Austauschverpflichtung führen. Dies ist auch nicht verwunderlich, denn anderenfalls könnten keine Rabattverträge für patentgeschützte Originalprodukte geschlossen werden. Die Softwareanbieter haben die Apotheken mittlerweile auf die nun im Wege einer einstweiligen Verfügung klargestellte Rechtslage aufmerksam gemacht und die Hinweise in der EDV angepasst bzw. diese Änderungen für das nächste Update angekündigt.


Kirsten Sucker-Sket