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Gesundheitsreform
Unterschiedliche Reaktionen aufs Eckpunktepapier
Kaum hatte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler das Eckpunktepapier zur Gesundheitsreform vorgestellt, lagen auch schon die ersten Stellungnahmen der Verbände vor. Und wie erwartet
Gift für den Standort Deutschland – dies meint der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen vfa zum Eckpunktepapier. Nach Auffassung des vfa habe das Papier nichts mit der Umsetzung des Koalitionsvertrages zu tun. Während der Koalitionsvertrag für den Arzneimittelsektor eine wettbewerbliche Neuordnung und Deregulierung ankündigte, enthielten die Eckpunkte dagegen Zwangsmaßnahmen und seien an bürokratischer Komplexizität kaum zu überbieten. Auch die Ankündigung des Ministers, Kosten-Nutzen-Bewertungen einführen zu wollen, könne so nicht verwirklicht werden. Denn Vertragsverhandlungen will er in die Hand eines Kassenmonopols legen, so der vfa, und die vorgesehenen Zwangsrabatte in Höhe von 16 Prozent werden das Vertragsgeschehen endgültig blockieren.
Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des vfa: „Zwangsrabatte sind Gift für den Investitionsstandort Deutschland. Von verlässlichen Rahmenbedingungen für Innovationen und Arbeitsplatzsicherung kann angesichts eines solchen Willkür-Instruments nicht mehr die Rede sein.“
Als „nicht zielführend“ sieht der Bundesverband der Arzneimittelhersteller BAH die vorgesehene Weiterentwicklung des Rabattvertragssystems an. Dies gelte insbesondere für den ruinösen Preiswettbewerb und die hieraus resultierende Oligopol-Bildung sowie für die Problematik der Compliance und der Versorgungsqualität. Der BAH stellt weiter fest, dass Rösler wie seine Vorgänger auf dirigistische Kostendämpfungsmaßnahmen wie Zwangsabschläge und Preismoratorien zurückgegriffen hat.
Licht und Schatten sieht der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) im Eckpunktepapier. Gute Idee würden hier mit falschen Maßnahmen kombiniert ebenso wie richtige Verbesserungen mit zu wenig Mut. „Preismoratorium und erhöhter Herstellerabschlag sind angesichts der stabilen Entwicklung im Arzneimittelmarkt untaugliche Mittel und gehen allein zu Lasten der Arzneimittelhersteller, die nur zu rund 60 Prozent zu den Arzneimittelausgaben beitragen“, erklärte Dr. Bernd Wegener, Vorsitzender des BPI. Des Weiteren: „Der Vorschlag für den patentgeschützten Bereich baut auf Nutzenbewertungen auf. Dabei fehlt uns bis heute die Definition, was wir eigentlich unter Nutzen verstehen wollen und das IQWiG hat es seit Jahren nicht geschafft, eine funktionierende und international anerkannte Bewertung einzuführen. Wie vor diesem Hintergrund schnelle, verlässliche Nutzenbewertungen möglich werden sollen, bleibt schleierhaft, so Wegener weiter. Der BPI-Chef bedauert den fehlenden Mut zur Abschaffung der Rabattverträge. Zwar solle die Gängelung der Versicherten durch Rabattverträge durch die Möglichkeit der Aufzahlung entschärft werden, dies sei aber nur die zweitbeste Lösung: „Wir fordern die Abschaffung der Rabattverträge“ so Wegener.
Ohne Wenn und Aber abgelehnt werden die Vorschläge von der Generikaindustrie. Peter Schmidt, Geschäftsführer des Branchenbands Pro Generika: „Bei den Passagen über das Festbetragssystem weiß ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Jeder Experte weiß, dass die Verknüpfung von Festbeträgen und Zuzahlungsfreistellungen die Preisdynamik im Festbetragsmarkt außerordentlich beschleunigt hat. Diesen Kellertreppeneffekt hat die Union in ihrem Positionspapier vor knapp zwei Wochen noch zutreffend beschrieben.“ Noch gespannter sei er auf die flankierenden Regelungen zur Erhaltung des Wettbewerbs, die eine Oligopolisierung des Marktes verhindern sollen. Er könne sich keinen Steuerungsmechanismus vorstellen, der dafür sorge, dass die jetzige Anbietervielfalt beim Fortbestand selektiver Rabattverträge erhalten blieben. Diese Vereinbarungen laufen auf einen rigiden Marktausschluss aller Unternehmen hinaus, die bei der Vergabe von Rabattverträgen nicht zum Zuge kommen, so Schmidt. Gewinner seien auch weiterhin Generikakonzerne und „Heuschrecken-Firmen“. Auch die Mehrkostenregelung sei für viele Patienten nichts anderes als eine Mogelpackung. Einkommensschwache Patienten werden sich die Mehrausgaben für die Versorgung mit ihrem gewohnten Arzneimittel nämlich nicht leisten können.
Berlin - 26.03.2010, 15:21 Uhr