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GKV-Reform: Apothekenabschlag wird nicht erhöht
Versicherte zahlen steigende Kosten künftig über Zusatzbeitrag
Jetzt steht es fest: Der Apothekenabschlag wird weder erhöht noch gesetzlich festgeschrieben. Die Spitzenrunde der Partei- und Fraktionschef verzichtete im soeben beschlossenen Sparpaket auf eine Änderung der geltenden Verhandlungsregelung. Damit
Mit der geplanten gesetzlichen Festsetzung des Apothekenabschlages auf 2,10 Euro hätten die Apotheken mit rund 200 Millionen Euro zum anvisierten Sparvolumen von insgesamt vier Milliarden Euro betragen sollen. Die Apothekerverbände hatten im Kanzleramt auf die bevorstehende Doppelbelastung durch Apothekenabschlag und die Neuordnung der Großhandelsspannen hingewiesen. Diese Argumentation fand bei Kanzleramtsminister Pofalla Gehör. Daraufhin habe er „das Fass wieder aufgemacht“, bestätigten Koalitionskreise gegenüber DAZ.online.
Nicht beraten in der Spitzenrunde wurde die im Entwurf des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) vorgesehene Umstellung der Großhandelsrabatte, die auch die Apotheken schwer treffen kann. „Das verhandeln wir im Rahmen des AMNOG“, sagte Rösler gegenüber DAZ.online.
Die Spitzenrunde der Partei- und Fraktionschefs beschloss mit Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) ein umfassendes Maßnahmenbündel zur Deckung des für 2001 erwarteten GKV-Defizits in Höhe von elf Milliarden Euro. Das Paket umfasst Einsparungen in Höhe von 3,5 bis vier Milliarden Euro sowie höhere Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen im Umfang von sechs Milliarden Euro. Einmalig erhalten die Kassen im Jahr 2011 einen Steuerzuschuss von zwei Milliarden Euro.
Nachgebessert wird das bereits beschlossene Arzneimittelsparpaket: Die Preise für Impstoffe werden auf das europäische Durchschnittsniveau gesenkt. Außerdem sollen „Wirtschaftlichkeitsreserven bei der Reimportregelung bei Arzneimittel“ erhöht werden. Einzelheiten sind noch nicht bekannt. Damit steigt laut Rösler der Spareffekt im Arzneimittelbereich auf „etwas oberhalb von zwei Milliarden Euro“.
Die größten Änderungen kommen mittelfristig auf die Versicherten zu: Wie bereits berichtet, steigt ab 2011 der Beitragssatz zum Gesundheitsfonds für Arbeitgeber wieder von sieben auf 7,3 Prozent, für Arbeitnehmer von 7,9 auf 8,2 Prozent. Erwartete Mehreinnahmen für 2011: sechs Milliarden.
Der Arbeitgeberbeitrag wird bis auf Weiteres auf 7,3 festgeschrieben. Künftige Kostensteigerungen im Gesundheitssystem sollen die Versicherten über den Zusatzbeitrag bezahlen. Dazu wird die Deckelung des Zusatzbeitrages auf ein Prozent des Arbeitseinkommens aufgehoben. Die gesetzlichen Kassen können ab 2011 Zusatzbeiträge in beliebiger Höhe erheben.
Um Überforderungen der Versicherten auszuschließen, hat die Regierungskoalition einen Sozialausgleich vereinbart. Steigt der Zusatzbeitrag einer Kasse über zwei Prozent des Arbeitseinkommens, wird der über zwei Prozent hinausgehende Anteil automatisch vom Arbeitgeber oder von der Rentenversicherung vom gesetzlichen Arbeitnehmeranteil am Einheitsbeitrag wieder abgezogen. Damit wird der Zusatzbeitrag faktisch auf zwei Prozent des Arbeitseinkommens gedeckelt. Dieser Sozialausgleich greift aber nur, wenn die Höhe des Zusatzbeitrages dieser Kasse nicht über dem durchschnittlichen Zusatzbeitrag aller Kassen liegt. Steigt der Zusatzbeitrag einer Kasse darüber, entfällt der Sozialausgleich. Damit soll der Anreiz für Versicherte bestehen bleiben, in eine preiswertere Kasse zu wechseln.
Gesundheitsminister Rösler rechnet damit, dass die Zusatzbeiträge vorerst nicht weiter steigen: „Im Jahr 2011 wird es weitestgehend keine weiteren Zusatzbeiträge geben.“ Erst ab dem Jahr 2014 rechnet der Gesundheitsminister mit deutlich höheren Kosten für die Versicherten. „Nach jetzigen Berechnungen wird der vom Bundesversicherungsamt errechnete durchschnittliche Zusatzbeitrag bis 2014 16 Euro (im Monat) nicht übersteigen.“ Damit werde für ein Einkommen von 800 Euro monatlich kein Sozialausgleich notwendig.
Vier Milliarden Euro sparen will die Regierungskoalition jährlich bei den Leistungsanbietern. So dürfen die Verwaltungskosten der Krankenkassen in den nächsten beiden Jahren nicht steigen: Ersparnis 300 Millionen Euro. Bei den Krankenhäusern will die Bundesregierung 500 Millionen sparen. Ebenso wie bei den Krankenhäusern dürfen auch die Ausgaben der Zahnärzte nur noch halb so schnell steigen wie Löhne und Gehälter.
850 Millionen Euro sparen will die Regierungskoalition bei den Hausärzten durch Änderungen in der Honorierung. Nur die bereits rechtskräftigen Hausarztverträge in Bayern und Baden-Württemberg mit höherer Vergütung für Hausärzte genießen Vertrauensschutz. Alle anderen verhandelten, aber noch nicht rechtskräftigen Hausarztverträge sollen nicht in Kraft treten können.
Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) zeigte sich nach der Einigung auf das Konzept für eine Finanzreform des Gesundheitswesens zufrieden. „Das zu erwartende Defizit in Höhe von 11 Milliarden Euro für das Jahr 2011 wird ausgeglichen werden. Gleichzeitig werden wir den Einstieg in eine dauerhaft solide Finanzierung des Gesundheitssystems auch schaffen.“ Arbeitgeber und Arbeitnehmer würden dazu herangezogen. Damit sei der Koalitionsvertrag erfüllt. Es bleibe aber eine Daueraufgabe, das System und die Ausgaben zu reformieren.
Berlin - 06.07.2010, 16:38 Uhr