Mukoviszidose

Blockade von DNA-Netzen in den Atemwegen

Tübingen - 13.09.2010, 07:00 Uhr


Tübinger Wissenschaftler konnten durch eine spezifische Rezeptorblockade die Bildung von DNA-Netzen verringern, welche die Atmung beeinträchtigen und damit die Lungenfunktion bei Mukoviszidose im Tiermodell verbessern.

Mukoviszidose oder zystische Fibrose ist die häufigste erbliche Stoffwechselkrankheit. Weltweit leben etwa 70.000 Menschen, in Europa etwa 30.000 Menschen mit dieser Erkrankung. Die Ursache der Mukoviszidose, ein genetischer Defekt, ist bislang nicht heilbar, so dass nur die Symptome gelindert werden können. Die betroffenen Patienten leiden an schweren Störungen der Atmung und der Verdauung, da bestimmte Drüsenzellen in Lunge, Bauchspeicheldrüse oder Dünndarm anstelle des normalerweise flüssigen Sekrets einen zähen Schleim absondern. In dem vermehrten Schleim der Atemwege können sich Bakterien leicht ansiedeln, was wiederum zu häufigen Lungenentzündungen führt. Letztendlich sterben die Patienten an diesen Lungenerkrankungen, die durch chronische Entzündungen und Infektionen charakterisiert sind.

Bei den entzündlichen Vorgängen sammeln sich vor allem neutrophile Granulozyten im erkrankten Lungengewebe an. Diese Granulozyten, normalerweise hilfreiche antibakterielle Abwehrzellen des angeborenen Immunsystems, scheinen das Krankheitsgeschehen der Mukoviszidose-Patienten schädlich zu beeinflussen. Die Forscher konnten nun erstmals zeigen, dass neutrophile Granulozyten in den Atemwegen von Mukoviszidose-Patienten DNA-Netze auswerfen, so genannte neutrophil extracellular traps (NETs), welche die Atemwege der Betroffenen in Mitleidenschaft ziehen und damit deren Atemfunktion verschlechtern.

Die NETs werden über einen bislang unbekannten zellulären Mechanismus geformt, der über den G-Protein gekoppelten Rezeptor CXCR2 vermittelt wird. Da G-Protein gekoppelte Rezeptoren ideale pharmakologische Zielstrukturen darstellen, führten die Forscher therapeutische Versuche in einem Mausmodell der Mukoviszidose-Lungenerkrankung durch. Diese Studien zeigten, dass die Verabreichung eines CXCR2-Antagonisten die NETs-Formation und die Lungenfunktion bei Mukoviszidose in vivo günstig beeinflusst.

Möglicherweise können so neue pharmakotherapeutische Strategien entwickelt werden, um die mittlere Überlebenszeit der Patienten, die aktuell bei rund 37 bis 40 Jahre liegt, zu verlängern.

Literatur: Marcos, V., et al.: Nature Medicine 2010, Online-Vorabpublikation doi:10.1038/nm.2209.



Dr. Bettina Hellwig