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Parasitäre Erkrankungen
Neue Wirkstoffe gegen Trypanosomen
Die Familie der Trypanosomatida-Parasiten ist ursächlich für eine Reihe schwerer Erkrankungen, unter denen Millionen Menschen leiden. Forscher aus Italien, Belgien und Deutschland haben jetzt neue antiparasitäre Verbindungen identifiziert, die ein wichtiges Enzym des Parasiten und damit dessen Wachstum hemmen.
Diese Verbindungen sind ein vielversprechender Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Medikamente, die weniger Nebenwirkungen als bisherige Heilverfahren haben.
Trypanosomatida sind intrazellulär lebende Parasiten, die beim Menschen schwerwiegende Krankheiten wie die afrikanische Schlafkrankheit, die Chagas-Krankheit oder Leishmaniose verursachen. Mit der Leishmaniose sind weltweit ungefähr zwölf Millionen Menschen infiziert, wovon die meisten in Entwicklungsländern leben. Mit gegenwärtigen Medikamenten kann die Krankheit nur unzureichend behandelt werden, da einerseits eine hohe Toxizität und damit starke Nebenwirkungen auftreten und andererseits die Parasiten schnell resistent werden.
Jetzt haben europäische Wissenschaftler neue biochemische Verbindungen entdeckt, die dabei helfen können, diese Krankheiten effektiver zu bekämpfen. Die Trypanosomatida-Parasiten brauchen die Stoffwechselprodukte Folat und Biopterin, um zu überleben. Diese Stoffe werden von den Enzymen Dihydrofolatreduktase (DHFR) und Pteridinreductase (PTR1) verarbeitet. Wird das Enzym DHFR blockiert, wird die Replikation der DNA beeinträchtigt, und die Parasiten sterben ab. Das Problem hierbei ist, dass bei den Trypanosomatida das Enzym PTR1 die Verarbeitung von Folat übernehmen kann – das Überleben der Parasiten wird somit gewährleistet. Bei der Behandlung parasitärer Erkrankungen ist es daher notwendig, gleichzeitig zwei Stoffwechselwege zu hemmen, indem DHFR und PTR1 von einem einzigen Medikament oder einer Kombination zweier spezifischer Hemmstoffe blockiert wird. Da PTR1 nicht im Menschen vorkommt, können spezielle Verbindungen entwickelt werden, die gezielt nur die Parasiten bekämpfen.
Die Wissenschaftler haben jetzt einen virtuellen mit einem experimentellen Suchansatz kombiniert, um spezifische Hemmstoffe gegen die PTR1 des Leishmaniose-Erregers zu identifizieren, die nicht dem Stoffwechselprodukt Folat ähnlich sind. Hierzu wurde durch strukturbasierte Wirkstoffdesigns zunächst die Spezifität der Hemmstoffe gegen das Enzym PTR1 und danach die Selektivität gegenüber menschlichem DHFR verbessert. Ergebnis dieser Analyse waren 18 Moleküle, die im Reagenzglas eine Wirkung im niedrigen mikromolaren Bereich sowie eine hohe Spezifität zeigten. Experimente zur Wirksamkeit gegenüber kultivierten Zellen des Erregers der Leishmaniose ergaben, dass sechs Verbindungen in Kombination mit DHFR-Hemmstoffen aktiv waren, wobei eine davon auch alleine wirksam war. Zudem wiesen einige dieser Verbindungen eine niedrige Toxizität auf – eine davon ist ein bekannter Wirkstoff für die Behandlung von Krankheiten des zentralen Nervensystems. Diese Substanz könnte ein Ausgangspunkt für die effektivere Behandlung parasitärer Erkrankungen werden.
Literatur: Ferrari, S., et al.: J. Med. Chem. 2011;54(1):211-21; Online: doi: 10.1021/jm1010572.
Modena/Brüssel/Heidelberg - 17.04.2011, 07:32 Uhr