Nervenzellen

Ein Gen steuert Haarfarbe und Gedächtnis

Hamburg - 23.04.2011, 07:24 Uhr


Wissenschaftler des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) haben die Funktion eines Proteins entschlüsselt, das sowohl Gehirnfunktionen reguliert, die für das Lernen und die Gedächtnisleistung bedeutsam sind, als auch maßgeblich für die Ausprägung der Haarfarbe ist.

Die Forscher haben das aus Muskelzellen bekannte Eiweiß mit der Bezeichnung Muskelin als einen bedeutenden Faktor im Gehirn identifiziert, der wesentliche Transportprozesse zwischen den Nervenzellen steuert.

Zellbestandteile werden innerhalb einer Zelle durch molekulare Motoren von einem Ort zum anderen transportiert. Solche Transportvorgänge steuern eine Vielzahl biologischer Prozesse. So können sie die Signalübertragung zwischen zwei Neuronen im menschlichen Gehirn verändern. Wird etwa der GABA-Rezeptor, eine wichtige Bindungsstelle an der Oberfläche neuronaler Zellen, falsch lokalisiert, kann dies zum Beispiel die Entstehung von Epilepsie oder Angststörungen begünstigen.

Um den Transport der GABA-Rezeptoren genauer zu untersuchen, haben die UKE-Experten im Mausmodell das Muskelin-Gen gezielt abgeschaltet. Nach Entfernen des Eiweißes konnten die Forscher in bestimmten Hirnarealen bei Mäusen veränderte Bewegungen nachweisen. Sie nehmen an, dass diese Oszillationen Gehirnfunktionen wie Lernen und Gedächtnisbildung maßgeblich beeinflussen.

Doch nicht nur das: Zur Überraschung der Forscher folgt der Transport in Hautzellen offenbar ähnlichen Prinzipien wie denen in Nervenzellen, denn die Mäuse wechselten nach der Entfernung des Muskelin-Gens ihre Fellfarbe. Bei einem Chamäleon wird der Farbwechsel über den Transport von Pigmenten gesteuert, Mäuse verfügen normalerweise nicht über diese Eigenschaft. Die Befunde der Forscher deuten darauf hin, dass ein Verlust der Fellfarbe durch einen gestörten Transport von Pigmenten verursacht wird.

Mit Muskelin haben die Forscher offensichtlich einen Schlüsselfaktor für die Funktion unterschiedlicher Gewebe identifiziert. Die Wissenschaftler hoffen, mit den neuen Erkenntnissen Lern- und Gedächtnisstörungen künftig besser zu verstehen. Es ist denkbar, dass daraus in der Zukunft therapeutische Ansätze entwickelt werden können, um ein vorzeitiges Ergrauen der Haare beim Menschen zu verhindern.

Quelle: Heisler, F. F. et al.: Neuron 2011; 70 (1): 66-81


Dr. Bettina Hellwig