Arzneimittelversorgung

BPI: Politik muss Versorgungsdefizite beheben

Berlin - 10.05.2011, 13:58 Uhr


Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) sieht auch nach Inkrafttreten des AMNOG dringenden Handlungsbedarf im Arzneimittelsektor. Das geplante Versorgungsgesetz sollte „Versorgung“ nicht nur als Angelegenheit der Ärzte und Krankenhäuser verstehen – es dürfe auch die Versorgung mit Arzneimitteln nicht außer acht lassen, betont der BPI-Vorsitzende Dr. Bernd Wegener.

Es sei eine Illusion, dass mit dem AMNOG die Arzneimittelversorgung zufriedenstellend geregelt wurde. Im letzten Jahr habe sich der Gesetzgeber vielmehr ausschließlich mit Erstattungsfragen beschäftigt, so Wegener. Tatsächlich gebe es weiterhin zahlreiche und schwerwiegende Versorgungsdefizite. Wo diese liegen, will der BPI der Öffentlichkeit und der Politik nun anhand einiger Problemfelder vor Augen führen.

Höchst problematisch sind aus Sicht des BPI beispielsweise noch immer die Rabattverträge: In bestimmten Indikationen sei der Austausch von Präparaten während einer laufenden Behandlung äußerst kritisch, erläuterte die stellvertretende BPI-Hauptgeschäftsführerin Prof. Barbara Sickmüller. Bei einigen Anwendungsgebieten, könnten bereits kleine Schwankungen im Wirkspiegel fatale Folgen haben – und derartige Schwankungen sind Generikabereich keine Seltenheit. Schließlich darf die Bioverfügbarkeit eines Generikums zwischen 80 und 125 Prozent im Hinblick auf das Original betragen. Besonders kritische Wirkstoffe mit einer geringen therapeutischen Breite finden sich etwa in Medikamenten gegen Epilepsie. Aber auch Asthma, Depression, Diabetes und Parkinson gelten als „kritische Indikationen“. Sie alle gehören für den BPI auf eine „Strikte Liste“ von Indikationen und Wirkstoffen, bei denen der Austausch in der Apotheke verboten ist und die Verordnung nicht auf Wirtschaftlichkeit geprüft wird.

Heftige Kritik übt der BPI zudem am Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Hier werde „knallharte Klientelpolitik“ gemacht, so Wegener. Kassen und Ärztevertreter einigten sich hier schnell zulasten Dritter und zumeist auch zulasten der Arzneimittelversorgung. Eine Überprüfung der Entscheidungen sei nahezu sinnlos, da bis zu einem abschließenden Urteil Monate vergehen könnten – in dieser Zeit habe die Realität längst Fakten geschaffen. Ein Vorschlag des BPI: Es sollte eine wissenschaftliche Schiedskommission eingerichtet werden, die den G-BA kontrolliert und von den Betroffenen – etwa von Selbsthilfegruppen, aber auch der pharmazeutischen Industrie – angerufen werden kann.

Auch das Preismoratorium ist dem BPI ein Dorn im Auge. Hier müssen aus Sicht des Verbandes Ausnahmen möglich sein, wenn die Preise für Rohstoffe erheblich steigen. Als Beispiel führte Wegener Atropinsulfat an: ein Wirkstoff, der in Augentropfen enthalten ist, die in der augenärztlichen Praxis vielfach zur Anwendung kommen. Während man ein Kilo dieses Wirkstoffs 2009 noch für 760 Euro bekommen habe, liege der Preis heute bei rund 15.000 Euro. Der Grund: Nur noch ein Hersteller in China stellt den Wirkstoff heute GMP-gerecht her – diese Monopolstellung nutzt er offenbar allzu gerne aus.


Kirsten Sucker-Sket