Sarkopenie

Losartan gegen altersbedingten Muskelschwund?

Baltimore - 14.06.2011, 11:57 Uhr


Das Antihypertonikum Losartan könnte in Zukunft auch zur Therapie von altersbedingtem Muskelschwund eingesetzt werden. Schon des Öfteren hatten Ärzte bei ihren mit Losartan behandelten älteren Patienten beobachtet, dass die Muskelmasse zunimmt – eine unerwartete, aber dennoch erwünschte Nebenwirkung. Nun haben amerikanische Forscher in Tierversuchen den Effekt bestätigt und die zugrunde liegenden Wirkmechanismen aufgeklärt.

Neben der durch Tranquillanzien verursachten oder verstärkten Gangunsicherheit ist der altersbedingte Abbau der Muskeln am häufigsten dafür verantwortlich, wenn ältere Menschen stürzen und sich schwere Verletzungen zuziehen. Die molekularen Mechanismen des altersbedingten Muskelabbaus (Sarkopenie) und der Infiltration des Muskels mit Bindegewebszellen (Fibrose) waren allerdings weitgehend unbekannt. Erst vor Kurzem wurde entdeckt, dass eine verstärkte Aktivität des transformierenden Wachstumsfaktors beta (TGF-β) bei diesen Prozessen eine Rolle spielt. Daraufhin hat eine Gruppe von Geriatern an der Johns Hopkins University in Baltimore einen bekannten Hemmstoff von TGF-β, den Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten Losartan, an Mäusen mit Sarkopenie getestet. Die Ergebnisse fielen deutlich positiv aus: Die mir Losartan behandelten Mäuse litten erheblich seltener unter Fibrose als die Kontrollgruppe, und nach Kardiotoxin-induzierten Muskelverletzungen regenerierten sich ihre Muskeln schneller.

Bei der weiteren Erforschung des Wirkmechanismus entdeckten die Forscher, dass Losartan nicht nur die klassische TGF-β-Signalkaskade hemmt, sondern auch die Aktivierung von TGF-β über Mitogen-aktivierte Proteinkinasen (MAPK).

In einer weiteren Testreihe wollten die Geriater herausfinden, ob Losartan sich auch auf den Muskelschwund von immobilisierten Mäusen positiv auswirkt. Überraschenderweise trat dieser Effekt ein, allerdings beruht er, wie sich anschließend herausstellte, nicht auf der TGF-β-Hemmung, sondern auf der Aktivierung des IGF-1/Akt/mTOR-Pathway, der vom Insulin-like growth factor 1 (IGF-1) ausgeht.

Ein doppelter Wirkmechanismus zur Verhinderung von Muskelschwund und zur Regeneration der Muskulatur lässt den Wirkstoff Losartan sehr attraktiv erscheinen. Man darf also gespannt sein, wann die klinischen Studien durchgeführt werden, die zur Erweiterung der Indikation erforderlich sind.

Quelle: Tyesha NB, et al. Losartan Restores Skeletal Muscle Remodeling and Protects Against Disuse Atrophy in Sarcopenia. Sci Transl Med 2011;3:82ra37; doi: 10.1126/scitranslmed.3002227.


Dr. Wolfgang Caesar