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Alzheimer-Demenz
Neuer Biomarker ermöglicht frühe Diagnose
Ein neuartiger Biomarker könnte laut einer aktuellen Studie die Diagnose der Alzheimer-Krankheit bereits in einem sehr frühen Krankheitsstadium ermöglichen. Das entdeckten jetzt Wissenschaftler der Klinik für Psychiatrie am Klinikum rechts der Isar der TU München. Der neue Biomarker scheint dabei etablierten Markern überlegen zu sein.
Die Wissenschaftler untersuchten 58 Menschen mit einer leichten kognitiven Störung. Etwa 15 % der Menschen mit einer solchen Störung entwickeln jährlich eine Alzheimer-Krankheit. Einige der Betroffenen werden jedoch nie an der Alzheimer-Krankheit leiden oder sogar wieder auf ein normales Niveau der geistigen Leistungsfähigkeit zurückkehren.
Zu Beginn der Studie entnahmen die Forscher den Patienten bei einer Punktion im Lendenwirbelbereich eine Probe des Nervenwassers, des Liquor cerebrospinalis. Zum Vergleich wurden auch Liquorproben von 16 Patienten mit einer frontotemporalen Demenz gewonnen, einer Erkrankung, die typischerweise nicht durch Vergesslichkeit gekennzeichnet ist und auf einer vollkommen andersartigen Schädigung des Nervengewebes beruht.
Die Studiengruppe mit leichter kognitiver Störung wurde rund drei Jahre lang nachverfolgt. In diesem Zeitraum wurde bei 21 Studienteilnehmern eine Alzheimer-Krankheit diagnostiziert, 27 Probanden litten weiterhin an einer leichten kognitiven Störung, bei acht Teilnehmern konnte keine Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeit mehr nachgewiesen werden. Zwei Probanden hatten eine frontotemporale Demenz entwickelt und wurden von den weiteren Analysen ausgeschlossen.
Die Forscher maßen im Liquor die Konzentration verschiedener Eiweiße mit bekanntem Zusammenhang mit der Alzheimer-Krankheit. Dabei fanden sie bei Probanden, die später eine Alzheimer-Krankheit entwickelt haben, signifikant höhere Konzentrationen des Eiweißes „lösliches Amyloidvorläuferprotein beta“ (engl. soluble amyloid precursor protein beta oder sAPPβ) als bei den Studienteilnehmern, deren geistige Fähigkeiten sich nicht weiter verschlechtert haben oder die an einer frontotemporalen Demenz litten. Patienten mit Alzheimer-Krankheit wiesen zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung im Durchschnitt sAPPβ-Konzentrationen von 1200 Nanogramm pro Milliliter auf. Dieser Wert lag bei Probanden mit stabilen oder rückläufigen Beschwerden bei 932 und bei Patienten mit frontotemporaler Demenz bei 630 Nanogramm pro Milliliter.
Dabei wurde die genaueste Vorhersage einer späteren Alzheimer-Krankheit durch die Kombination von sAPPβ, dem etablierten Zelluntergangsmarker Tau und dem Alter der Probanden erzielt. Diese Kombination führte in 80 Prozent der Fälle zu einer korrekten Vorhersage des Fortschreitens zur Alzheimer-Krankheit. Das Eiweiß Amyloid beta1-42 (Aβ1-42), das als etablierter Biomarker der Alzheimer-Krankheit gilt, trug hingegen in dieser Studie nicht zur Vorhersage der Alzheimer-Krankheit zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung bei.
Diese Studienergebnisse legen nahe, dass sAPPβ im Liquor die Frühdiagnostik der Alzheimer-Krankheit verbessern und dabei dem etablierten Biomarker Aβ1-42 überlegen sein könnte. Ein möglicher Grund für die Überlegenheit von sAPPβ könnte darin liegen, dass Aβ1-42 nur ein indirektes und entferntes Maß für die für die Ablagerung der charakteristischen Alzheimer-Plaques verantwortlichen Kernprozesse ist. sAPPβ hingegen ist ein Maß für die ersten kritischen Schritte und könnte daher genauere Informationen über die zentralen Abläufe des Krankheitsprozesses liefern.
Die Forscher arbeiten derzeit an der Evaluierung eines Verfahrens, um sAPPβ im Blut zu messen. Damit könnte erstmals ein verlässlicher Biomarker für die Frühdiagnostik der Alzheimer-Krankheit zur Verfügung gestellt werden, der kein invasives Verfahren wie eine Liquorpunktion erfordert.
Literatur: Perneczky, R., et al.: Neurology 2011, Online-Vorabpublikation doi: 10.1212/WNL.0b013e318221ad47.
München - 04.07.2011, 09:26 Uhr