Neurobiologie

VEGF sorgt für Aufrechterhaltung der Gehirnfunktion

Heidelberg - 09.08.2011, 10:59 Uhr


Das Signalmolekül VEGF D ist wesentlich daran beteiligt, dass die charakteristische Gestalt der Nervenzellen – die baumartige Struktur der Neuronen – in seiner Komplexität erhalten bleibt.

Die hochkomplexe baumartige Struktur von Neuronen ist eine wichtige Voraussetzung für ihre Fähigkeit, Verbindungen mit anderen Neuronen herzustellen. Die daraus resultierenden Vernetzungen sind die grundlegenden „Recheneinheiten“, die das normale Funktionieren des Gehirns ermöglichen. Als Schlüsselregulator der neuronalen Verzweigungen haben Heidelberger Forscher jetzt erstmals das Signalmolekül VEGF D identifiziert. Bisher war VEGF D nur als wachstumsfördernder Faktor für Blut- und Lymphgefäße – als Vascular Endothelial Growth Factor – bekannt. Weil dieses Signalmolekül auch die Ausbreitung von Tumoren begünstigen kann, zielen bestimmte Formen der Krebstherapie systematisch darauf ab, diesen Wachstumsfaktor zu blockieren.

Das Team hat jetzt im Tierversuch nachgewiesen, dass das Blockieren der VEGF D-Bildung in den Neuronen zu einem Zusammenschrumpfen der dendritischen Bäume und somit zu schweren Beeinträchtigungen des Langzeitgedächtnisses führen kann. „VEGF D spielt eine regulierende Rolle bei den Gehirnfunktionen, und umgekehrt hält die Gehirnaktivität die VEGF D-Werte hoch“, erläuterte Professor Bading. „Wir haben nun Hinweise darauf, dass bei gewissen neurologischen Erkrankungen VEGF D nicht mehr ausreichend vorhanden ist. Das könnte erklären, warum erkrankte Neuronen nicht richtig funktionieren und die Patienten an kognitiven Defiziten leiden.“

Die neuen Erkenntnisse legen nahe, dass Strategien zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der neuronalen Architektur durch Stärkung des VEGF D-Haushalts neue Wege in der Entwicklung wirksamer Behandlungsmethoden für krankheits- und möglicherweise auch altersbedingte kognitive Fehlfunktionen eröffnen könnten.

Die Wissenschaftler geben zu bedenken, dass die unerwartete Rolle, die sie für VEGF D im Gehirn identifiziert haben, Anlass zur Vorsicht beim Einsatz von VEGF D-Signalblockern bei der Behandlung von Krebserkrankungen gibt.

Literatur: Mauceri, D., et al.: Neuron 2011;71(1):117-30; Online-Veröffentlichung doi: 10.1016/j.neuron.2011.04.022.


Dr. Bettina Hellwig