Aufruf im "Lancet"

Fettleibigkeit: Politik und UN sind gefordert

London - 26.08.2011, 09:47 Uhr


Fettleibigkeit breitet sich weltweit wie eine Epidemie aus – davor warnen Wissenschaftler schon länger. Nachdem neue Zahlen ein immer dramatischeres Bild malen, fordern verschiedene Wissenschaftler in der renommierten Medizinzeitschrift „The Lancet“ nun ein Einschreiten der Politik.

Während in Somalia und anderen afrikanischen Staaten Menschen hungern, werden sie in den Industriestaaten und Schwellenländern immer dicker. Im aktuellen Lancet befassen sich Wissenschaftler nun in mehreren Artikeln mit letzterem Phänomen. Sie sehen die Regierungen weltweit gefordert, Übergewicht und Fettleibigkeit mit radikalen Schritten entgegenzutreten. Die Vereinten Nationen (UN) müssten – ähnlich wie im Fall des Tabakkonsums – eine Rahmenkonvention zur Kontrolle von Fettleibigkeit verabschieden. Ohne die Führung von Regierungen sei die Epidemie des Übergewichts nicht mehr rückgängig zu machen, heißt es im Leitartikel des Journals.

Anstoß für die drastischen Forderungen liefern unter anderem neue Zahlen: Einer Studie der Universität im australischen Melbourne zufolge sind mittlerweile mehr als 1,5 Milliarden erwachsene Menschen auf der Welt übergewichtig. Hinzu kommen 500 Millionen Fettleibige sowie 170 Millionen Kinder, die entweder übergewichtig oder fettleibig sind. Während in Japan und China beispielsweise nur eine von 20 erwachsenen Frauen fettsüchtig sei, fiele in den USA eine von dreien in diese Kategorie. Eine andere Studie kommt zu dem Ergebnis das in zwölf der 50 US-Bundesstaaten bereits mehr als 30 Prozent der Bürger übergewichtig sind; in keinem der Staaten liegt die Rate unter 20 Prozent.

In manchen Regionen wie etwa den USA oder dem Westen Australiens habe Fettleibigkeit mittlerweile das Rauchen als größte zu verhindernde Gesundheitsgefahr überholt, heißt es in dem Artikel. Mittlerweile seien auch Länder mit niedrigen oder mittleren Einkommen betroffen. Als fettleibig gilt, wer als Ergebnis der Body-Mass-Index-Formel einen Wert von mehr als 30 erreicht.

Um der Ausbreitung von Fettleibigkeit Einhalt zu gebieten, müssten Regierungen unter anderem Zusatzsteuern auf ungesundes Essen und Trinken erheben, fordern Forscher der Harvard School of Public Health im US-amerikanischen Boston. Außerdem müsse ähnlich wie beim Rauchen die Werbung für ungesundes Essen kontrolliert werden, vor allem, um Kinder zu schützen, schreiben die Wissenschaftler in „The Lancet“. Bei einem Treffen der Vereinten Nationen im September, bei dem nicht-ansteckende Krankheiten im Mittelpunkt stehen, müsse das Thema dringend behandelt werden. Allerdings beklagen die Wissenschaftler, dass bei einigen Beteiligten eine Abneigung festzustellen, hier Ziele zu setzen.


dpa/Kirsten Sucker-Sket