Neurologie

Neuer Therapieansatz bei Schlaganfall

Göttingen - 06.09.2011, 11:26 Uhr


In einer neuen Studie konnten Forscher der Universitäten Göttingen und Jena zeigen, dass ein Schlaganfall die Lernfähigkeit selbst entfernt liegender Hirnbereiche beeinträchtigt: Im Sehsystem von Mäusen waren Lernvorgänge zum Teil wochenlang unmöglich.

Schon länger ist bekannt, dass die lokal begrenzte Durchblutungsstörung nach einem Schlaganfall auch Auswirkungen auf weit entfernte Gehirnbereiche haben kann. Nun untersuchten Wissenschaftler, welche Auswirkungen ein lokaler Schlaganfall auf neuronale Plastizität im Sehsystem von Mäusen hat. Verschließt man bei gesunden Tieren ein Auge, erhöht sich die Sehschärfe des verbleibenden, und beide Hirnhälften widmen sich verstärkt der Informationsverarbeitung des offenen Auges. Die Forscher konnten zeigen, dass dem Gehirn diese Fähigkeit in der Zeit nach einem Schlaganfall abhanden kommt.

Für die Untersuchung wurde an einer Stelle in der Hirnrinde ein Schlaganfall ausgelöst, die keinen bekannten Einfluss auf das Sehsystem hat. Verschlossen die Wissenschaftler direkt nach dem Schlaganfall eines der Augen, konnte sich das Gehirn nicht mehr normal an die neue Situation anpassen; es hatte seine Lernfähigkeit verloren. Hatte das Gehirn nach der Schädigung zwei Wochen Zeit, war ein Teil der Anpassungsfähigkeit wieder regeneriert.

Die Wissenschaftler untersuchten, ob Entzündungsreaktionen für die Störungen verantwortlich sein könnten. Dazu behandelten sie die Tiere direkt nach dem Schlaganfall mit einem entzündungshemmenden Wirkstoff. Tatsächlich verbesserte sich bei den behandelten Tieren genau wie bei gesunden Tiere die Sehschärfe des offenen Auges. Die durch den Schlaganfall gestörte Lernfähigkeit konnte also durch den Entzündungshemmer wieder normalisiert werden.

Literatur: Greifzu, F., et al.: Proc. Natl. Acad. Sci. 2011, Online-Vorabpublikation doi:10.1073/pnas.1016458108.


Dr. Bettina Hellwig