Welt-Alzheimertag

Demenzkranke nicht vergessen

Berlin - 20.09.2011, 16:11 Uhr


Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der an Demenz Erkrankten von derzeit 1,2 Millionen auf etwa 2,4 Millionen ansteigen. Um eine gute Versorgung dieser Patienten sicherzustellen, muss daher einiges geschehen. Dies fordern auch die Deutsche Alzheimer Gesellschaft, die Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie und die Hirnliga anlässlich des morgigen Welt-Alzheimertags.

Die Zahl der Demenzerkrankungen – davon zwei Drittel vom Typ Alzheimer – nimmt laut der Deutschen Alzheimer Gesellschaft ständig zu: Etwa jeder Vierte über 80 soll betroffen sein, dabei blieben jedoch noch viele unerkannt. Sofern kein Durchbruch in der Therapie gelinge, werde sich die Zahl der Erkrankten bis zum Jahr 2050 verdoppeln. Eine Erkrankung werde dann der Regelfall, nicht mehr die Ausnahme sein, so der Präsident der Deutschen Alterspsychiater Prof. Dr. Hans Gutzmann. Der hohe und lange Pflegeaufwand mache die Demenz zudem zu einer der teuersten Krankheiten, deren Kosten nach aktuellen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes weiter steigen werden.

Seit 1994 findet jährlich am 21. September der Welt-Alzheimertag statt, der von der Dachorganisation Alzheimer‘s Disease International (ADI) mit Unterstützung der WHO initiiert wurde, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Alzheimer-Krankheit und andere Formen der Demenz-Erkrankungen zu richten. In diesem Jahr wenden sich die Alzheimer-Gesellschaften weltweit unter dem Motto „Gesichter der Demenz“ an die Öffentlichkeit.

„Wir zeigen, dass Demenzerkrankungen viele Gesichter haben, dass sowohl hochaltrige als auch relativ junge Menschen betroffen sind“, so Heike von Lützau-Hohlbein, Vorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. Die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer zu erkranken, liege für 85-Jährige derzeit bei 30 Prozent, für unter 65-Jährige zwischen drei und fünf Prozent. Auch die Krankheitsverläufe seien unterschiedlich, weshalb die Intensität der erforderlichen Unterstützung von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich ausfalle. Entsprechend seien eine passgenaue medizinische Behandlung, Pflege und soziale Unterstützung sowohl der Betroffenen als auch ihrer Angehörigen erforderlich.

Auch die Politik nimmt das Problem durchaus wahr – mit ihrer Pflegereform kommt die Regierungskoalition allerdings derzeit nicht recht voran. Dabei gibt es durchaus konkrete Vorschläge, die die speziellen Bedürfnisse Demenzkranker berücksichtigen. Etwa hinsichtlich einer neuen Definition der Pflegebedürftigkeit und eines Begutachtungsverfahrens. Dabei sei insbesondere eine Zusammenarbeit der Ministerien für Familie, Arbeit und Gesundheit angeregt worden, so Lützsau-Hohlbein. Die Reaktion der Ministerien darauf sei jedoch stets gleich ausgefallen: Man werde sich in „innerministeriellen Arbeitsgruppen“ damit befassen – ein Ergebnis, so Lützsau-Hohlbein, sei jedoch nie präsentiert worden. Während andere Länder wie Frankreich, Norwegen oder Schweden Demenzpläne entwickelt hätten, sei die hiesige Regierung „planlos“ bezogen auf die Pflege.

Wegen der bisher fehlenden Medikamente für eine Heilung oder einen Stop der Krankheit plädiert Prof. Ralf Ihl vom Vorstand der Hirnliga e.V. für die Eigenverantwortlichkeit jedes Einzelnen: „Als Forscher können wir nur immer wieder dringend empfehlen, alle heute schon vorhandenen Möglichkeiten zur Vorbeugung und Behandlung zu nutzen. Bei einer frühzeitigen Diagnose und rechtzeitigem Beginn der Therapie ist es möglich, den Verlauf der Alzheimer-Krankheit positiv zu beeinflussen.“ Als risikomindernde Faktoren nannte er kurze Schlafpausen von maximal 30 Minuten am Mittag, gesunde Ernährung, Nichtrauchen und geistige und körperliche Aktivierung.


Juliane Ziegler