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Reform der Pflegeversicherung
Bahr zögert und gerät unter Druck
In der Diskussion über die Reform der Pflegeversicherung kommt Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) immer mehr unter Druck. Wegen unterschiedlicher Positionen in der Regierungskoalition legte Bahr seine Vorschläge auf Eis.
Intern wird auch Kritik an Bahrs zögerlichem Vorgehen laut. Es sei die Sache eines „starken Ressortministers“, seine Pläne vorzulegen und in der Koalition durchzusetzen, hieß es. Sachsens Sozialministerin Christine Clauß (CDU) verlangt sogar öffentlich von Bahr Taten statt Worte. „Wenn wir vermeiden wollen, dass unsere Kinder überproportional hohe Beiträge zahlen, am Ende aber selber nichts mehr davon haben werden, müssen wir jetzt handeln“, sagte die CDU-Politikerin der Nachrichtenagentur dpa.
Sie erwarte konkrete Vorschläge für die Pflegepolitik von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). „Ich meine, dass wir nicht Eckpunkte brauchen, sondern einen konkreten Gesetzesentwurf“, betonte die CDU-Politikerin. Sie sprach sich dafür aus, die Pflegesätze zu dynamisieren. Andernfalls steige der Anteil, der aus eigener Tasche zu bezahlen sei, unablässig an, warnte Clauß. Nötig sei eine zukunftsfähige und generationengerechte Lösung.
In den mit der Reform der Pflegeversicherung befassten Verbänden herrscht Kopfschütteln. Aus dem Gesundheitsministerium gebe es keinerlei Signale, wie die Pflegereform zugeschnitten werden solle. Insbesondere die privaten Krankenversicherungen haben erhebliche Vorleistungen mit Blick auf die Vereinbarung im Koalitionsvertrag erbracht und warten mit verschiedenen fertigen Reformmodellen.
Während Bahr zu seinen Plänen schweigt, läuft nach bekanntem Muster eine muntere Diskussion über verschiedene Interviews: So hält der Chef der Krankenkasse Barmer GEK, Christoph Straub, eine Finanzreform der Pflegeversicherung für „nicht dringend“. „Die Finanzsituation ist deutlich entspannter als die politischen Diskussionen“, sagte Straub der „Rheinischen Post“. „Wir haben bis etwa 2014 Zeit, für die Pflege ein solides Finanzierungskonzept zu erarbeiten. Vom momentanen Wildwuchs an politischen Konzepten halte ich wenig.“
Das wäre erst nach der kommenden Bundestagswahl. Vor allem die Mehrheit der privaten Krankenkassen sieht jedoch nach einem Regierungswechsel die Chancen für den Aufbau einer privaten, kapitalgedeckten Zusatzversicherung schwinden. Den Aufbau einer kapitalgedeckten Säule lehnt nämlich auch der Vorstandschef der Barmer GEK ab. „Nach Expertenberechnungen würde der Beitragssatz für die Pflege von heute 1,95 auf 3 Prozent im Jahr 2050 steigen. Ich halte das angesichts dieser langen Zeitspanne für die beste Lösung und rate, bei der Umlagefinanzierung zu bleiben“, sagte Straub.
Die Deutsche Hospiz-Stiftung forderte einen langfristigen Plan insbesondere für Demenzkranke. „Die Bundesregierung muss endlich erkennen, dass die Versorgung von Demenzkranken kein Luxusgut ist, sondern Basis einer solidarischen Gesellschaft“, sagte Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Patientenschutzorganisation, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Er verlangte, Kranken- und Pflegeversicherung zusammenzulegen und die Qualität der Versorgung nach fest vereinbarten Standards zu messen. Dazu gehöre auch, dass die Anzahl der Fixierungen von Demenzkranken drastisch reduziert werde. „Mit jährlich 98.000 genehmigten Fixierungen in der Pflege ist diese Zahl höher als die Anzahl der Inhaftierten in deutschen Gefängnissen“, kritisierte Brysch.
Berlin - 21.09.2011, 09:39 Uhr